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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 6.1903

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Sonderheft
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Deiters, Heinrich: Wanderung in Westfalen
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https://doi.org/10.11588/diglit.45537#0247

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Corvey.
Nach einem
Aquarell von
H. Deiters.

Pferde und Rindvieh befinden. Darüber sind die
Schlafstellen für die Knechte. Früher direkt ver-
bunden, liegt jetzt hinter der Diele, durch eine
Wand mit Glastür abgeschlossen, die Küche quer
durch das ganze Haus. Zugleich Eßzimmer und
Wohnraum, hat sie an der Rückseite den Kamin
mit breitem Rauchfang. An der Eichenholzdecke
hängen an Stangen Schinken, Würste und Speck-
seiten.
Der Rauchfang ist mit zinnernem Geschirr
geschmückt, und an dem Kesselhaken hängt
über den Feuerböcken der große Kessel. Zu
beiden Seiten kleine Windöfen. Wie es Staats-
Feuerböcke gibt, so wird auch mit den Kessel-
haken, die ja auch zur Brautausstattung ge-
hören, ein gewisser Luxus getrieben. Ornamente,
Polituren und Messingteile schmücken sie. Vor
allem werden die Initialen der Brautleute ange-
bracht. Da sie aber nur zum Schmucke und
kaum zum Gebrauche dienen, so findet man
zuweilen eine ganze Menge dieser Haken blank
geputzt über dem Herde hängen. Vor dem letzte-
ren steht ein besonderer Tisch für den Haus-
herrn, die Frau und eventuell die Söhne.
Von den Strohstühlen mit hohen Lehnen
ist stets ein größerer und breiterer mit Arm-
lehnen in jedem Hause. Er gehört dem Haus-
herrn und wird dem Gaste angeboten. An einer
der beiden Türen, welche seitwärts in die Küche
führen, befindet sich der größere Eßtisch für
das Gesinde, an dem auch die Töchter sitzen.
Er ist meist mit einer Schmalseite an der Wand
befestigt und wird, außer Gebrauch, einfach in
die Höhe geklappt.
Hinter dem Herde liegt, nicht allzu tief, der
Milchkeller, und über diesem im Giebel die
„Upkamer“, der Salon, zu dem man einige
Stufen aufwärts steigt. Neben ihm rechts und
links sind die Schlafzimmer angeordnet. Das
ist der allgemeine Typus des Haupthauses. Die
Ställe für Schweine und Schafe sind außerhalb
des Hauses angebracht, und ein besonderes
Gebäude bildet der Speicher für das ausge-
droschene Getreide. Er hat allein ein oberes
Geschoß und beherbergt meist auch den Back-
ofen. Brauereien und Brennereien findet man

nur auf ganz großen Hösen, die auch üppiger
eingerichtet sind, große Holzschuppen aber selbst
auf dem kleinsten Kotten. Neben dem Zieh-
brunnen, dessen Hebel ein mit Kontergewicht
beschwerter Eichenbalken bildet, fehlt nie ein
kräftiger, zum Drehen eingerichteter Schleifstein.
Die Lebensweise ist sehr einfach.
Schwarzbrot ist das gemeinsame Brot, aber
auch „Stuten“ ein schmackhaftes Brot, das von
Weizen oder auch von Roggen und Weizen ge-
mischt gebacken wird. Dazu kommen noch
„Knabbeln“, eine Art Zwieback. Das halbgare
Brot wird in Stücke gebrochen und dann fest
gebacken zu langem Gebrauche.


Westsälische Küche.
Nach einem Aquarell von August Schlüter.

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