Hof Gasse! bei Münster.
Nach einem Aquarell von August Schlüter.
Mittags besteht das Mahl meist aus Kar-
toffeln und Gemüse durcheinander mit Speck
gekocht. Ich habe nie gesehen, daß ein Bauer,
auch wenn er 4 bis 6 Pferde hatte, für sich
etwas Besonderes kochen ließ. Frisches Fleisch
gibt es nur äußerst selten, selbst die einfache
Mettwurst dient als Leckerbissen.
Durchweg ist der Bauer religiös und beschei-
den im Umgänge mit Fremden, die würdig auf-
treten. Aber er hat ein Selbstbewußtsein, als
Herr seiner Scholle, das mich stets angenehm
berührt hat.
Es enthält ein großes Quantum von Heimat-
liebe und des Bewußtseins der Unabhängigkeit.
Davon ein Beweis. Ein hoher Herr aus
dem Osten, dem Westfalen ganz unbe-
kannt war, kam mit seinem Schwieger-
söhne, einem westfälischen Fürsten, auf
einen großen Bauernhof, wo ihm der
prächtige Baumwuchs, besonders die
alten Eichen und Buchen imponierten.
Freundlich aufgenommen, bewirtet und
nach Landessitte zum Essen genötigt,
erkundigte sich der Fremde beim Haus-
herrn nach dem Alter. „76 Jahre,“ er-
widerte der hochgewachsene Mann.
„Das meine ich eigentlich nicht, ich
wollte fragen, wie alt der Besitz sei.“
„So alt wie wir,“ lautete die Erwide-
rung. „Sie verstehen mich immer noch
nicht,“ meinte der Graf, „ich möchte
wissen, wie alt Ihre Familie auf Ihrem
Hofe sei.“ „Wir“, sagte der Alte, „sind
älter, als alle Königreiche!“
Und es ist wohl möglich, dass die
Familie noch von den alten Bruc-
terern herstammt, die man nach meiner
Meinung wohl von ihrem alten Sitze
eine Zeitlang vertreiben, aber keines-
wegs, wie Tacitus meint, gänzlich vernichten
konnte.
Ich muß noch einmal auf dem linken Ufer
der Lippe zurückkehren zu den sanft abfallen-
den Vorhöhen der Egge. Dort liegt die alte
Bischofsstadt Paderborn, dessen Dom, über den
Paderquellen erbaut, uns am deutlichsten seinen
Ursprung aus einer Taufkapelle verrät. Karl der
Große formte die erste christliche Ansiedlung
durch reiche Schenkungen von Land zu einem
Bistume, als dessen erster Bischof uns Hathumar
genannt wird. Paderborn hat im Mittelalter
eine reiche Geschichte, und auch der Bürger-
stand hatte sich mächtig entwickelt. Die Re-
formation hielt dort einen friedlichen und früh-
zeitigen Einzug.
Ihre Aufrechterhaltung aber wurde zu einer
Machtfrage, die zu harten Kämpfen führte. Die
Bürgerschaft unterlag durch innere Zwietracht.
Seitdem herrschte lediglich die Gewalt des
Fürstbischofs bezw. des Domkapitels.
Auf dem linken Lippe-Ufer dehnt sich eine
weite Landschaft aus, die auch in der Erde
ihren Reichtum birgt. Eine Menge von Gradier-
werken bei Städten und Dörfern zeigt uns, daß
wir uns im Lande des Salzes befinden, dessen
Ausbeutung zahlreichen Familien reichliches Ein-
kommen gewährt.
Einige Familien des eingeborenen Uradels
tragen noch heute den Titel der „Erbsälzer“.
Aber auch die Städte zählen viele Bürgerfamilien,
denen die Ausbeutung des Salzes eine dauernde
Quelle beträchtlichen Reichtums geworden ist.
Von den blühenden Städten der Ebene ver-
dient ein besonderes Interesse die Stadt Soest.
Schon der Kunst wegen, die hier so prächtige
Westfälischer Kotten.
Nach einem Aquarell von H. Deiters.
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