Bartholomäuskapelle, Paderborn. Aufnahme Baurat Ludorff.
Nicht minder bedeutsam und originell als die Konstruktion
ist die künstlerische Behandlung dieser Kapelle. (Lübke.)
Versuchen einer reicheren Gliederung und Be-
lebung des Äußeren, die man am Rhein, von
dem Bestreben seinerer ornamentaler Durcharbei-
tung des Innern, die man in Niedersachsen schon
im XI. Jahrhundert auf bedeutsame Art hervor-
treten sieht, findet sich hier kaum eine Spur.
Das Basilikenschema wird in einfachster Weise
gehandhabt, wie wir es auch anderwärts um
diese Zeit antreffen, mit stark vortretendem Kreuz-
schiff, dessen Arme meistens mit Altartribünen
versehen sind, und mit ssacher Holzbedeckung
sämtlicher Räume.
Ja, die Schlichtheit des westfälischen Kirchen-
baues ging so weit, daß sie sogar die Altarapsis
oft überssüssig fand und selbst an Gebäuden vor-
ragender Stellung wie der Paderborner Dom den
Chor geradlinig schloß; eine äußerst nüchterne
Form, die erst in der Folgezeit zu eigentümlich
künstlerischer Durchbildung kam.
Das Äußere war in dieser Zeit schmuckloser,
als vielleicht in irgend einer andern Gegend.
Von Lisenen, Rundbogenfriesen, den gebräuch-
lichsten Detaillierungsformen des romanischen
Stils, findet sich fast keine Spur. Selbst Bau-
werke, wie der Dom zu Paderborn oder das
Patroklus-Münster zu Soest lassen den Bogen-
fries vermissen, denn der Fries am westlichen
Kreuzschiff des Paderborner Doms ist aus spä-
terer Zeit. — Der Turmbau war nicht minder
schlicht. Entweder legt sich am westlichen
Ende der Kirche in ganzer Breite eine Bau-
masse vor, die erst in beträchtlicher Höhe ein
schmaleres Stockwerk aus sich hervorgehen
läßt, wie am Dom zu Minden und der Kloster-
kirche zu Fischbeck; oder es steigt ein vier-
eckiger Turm von der Breite des Mittelschiffs
auf, ssankiert von zwei niedrigeren runden Trep-
pentürmen, wie am Dom zu Paderborn.
Erst gegen Mitte des XII. Jahrhunderts er-
wacht in Westfalen der Trieb und mit ihm
die Befähigung zu höherer Entwicklung der
Architektur. Schon vorher hatte man begonnen,
bei manchen Kirchen wenigstens die östlichen
Teile und die Seitenschiffe zu überwölben. Ein
interessantes Beispiel dieser Art ist das Patroklus-
Münster zu Soest. Jetzt aber ging man darauf
aus, den neuen Anlagen in allen Teilen Kreuz-
gewölbe zu geben. Mochte dazu ohne Zweifel
der praktische Gesichtspunkt größerer Haltbar-
keit und Feuerfestigkeit mitwirken, so ist doch
gewiß zugleich anzunehmen, daß der ästhetische
Sinn sich höher entwickelt hatte und in der
schwer lastenden Decke des Mittelschiffs einen
Widerspruch mit der in allen übrigen Teilen
aufstrebenden Tendenz des Baues empfand.
Säule, Abdinghofkirche, Paderborn.
Aufnahme Baurat Ludorff.
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