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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 15.1908

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Heft 2
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Lur, Joseph August: Wie ich Töpfer wurde
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Fettmilch, Vincenz: Das Hessendenkmal zu Frankfurt am Main
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https://doi.org/10.11588/diglit.26458#0065

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Wie ich Töpfer wurde.

graue Glasuren sind mit allen Blumennuancen von
gelb bis scharlachrot zu den vornehmsten Wirkungen
berechtigt. Als ein Bündel Anregungen, durch praktische
Versuche erhärtet, eilig zusammengefaßt und dargereicht,
lose gebunden wie ein Feldblumenstrauß, sollen diese
Betrachtungen jedem die Blumenfreude zugleich mit der
Farbensreude ans Herz rücken. Jeder, der die Probe
macht, wird auf diesen Weg kommen und finden, daß
ein Gemach wohnlich und von freundlichen Hausgeistern
erfüllt ist, wenn wir von den Blumen ausgehen. Lim
sie zu Hüterinnen und Herrscherinnen der Schönheit
des Hauses zu machen. Das haben auch unsere Groß-
eltern und Urgroßeltern getan, die in diesen Dingen
einen hochentwickelten Instinkt besaßen. Räume, deren
Wände mit schmutzigfarbenen Tapeten bekleidet sind,
werden die farbige Schönheit der Blumen nicht zur

Geltung kommen lassen. In solchen Räumen wird
nichts zur Geltung kommen, und das Wichtigste in
diesem Umkreis, der Mensch, kann nicht erwarten, in
solcher Trübnis zur Heiterkeit zu gelangen. Die Wahr-
nehmung ist täglich leicht zu machen, daß Menschen in
farbig schlecht gestimmten Räumen ein schlechtes Aus-
sehen haben. Es ergeht ihnen dann, wie es den Blumen
ergeht. Darum fort mit den trüben, häßlichen Farben,
mit den schlechten Tapeten, mit dem braunen Tür-
und Fensteranstrich, und herein mit Hellen und kräftigen
Farben und vor allem mit möglichst viel Weiß in die
Wohnungen, und dann werden Sie sehen, welches
Wunder die Blumen tun, die Blumen mit der bunten
Keramik, und wieviel Glückseligkeit aus diesen Gnaden-
quellen in die Seele der Inwohner strömt.
Joseph Aug. Lux.


PH. Elchinger L Söhne, Sufflmheim
(Elsaß): Blumentopf.

as Hefsendenkmal
zu Frankfurt a. Main.
Inmitten der unheilvollen Geschichtstragödie, die
sich französische Revolutionskriege nennt, berührt der
Humor in der Frankfurter Episode von 1792 wie ein
Satyrstücklein.
Custine hatte am 21. Oktober 1792 Mainz, gleich
den folgenden Tag Frankfurt ohne Schwertstreich ge-
nommen. Der Reichtum der Frankfurter stach ihm in
die Augen, er verlangte zwei Millionen Kontribution
von der Stadt. Da zeigte sich, daß gemessener Handels-
geift jelbst der brutalsten Macht gewachsen ist. Wie
sich der Frankfurter Senat seiner Schätze bis aufs Blut
wehrte, wie er immer nur schrittweis zurückwich, jede
Teilzahlung mit neuen Angeboten, neuen Bedingungen
und Schachern um Privilegien erschwerte oder unmög-
lich zu machen suchte: dieses Schauspiel ist ganz so
großartig, wie die groteske Breitspurigkeit des Franzosen-
generals, der sich mit einer antik römischen Toga (aus
der Davidschule) drapierte, und mittels seiner welt-
geschichtlichen Sendung und ungeheuer republikanischen
Phrasen so viel zu imponieren glaubte, daß Frankfurt

freudig zahlen und jakobinisch werden müßte. Aber die
kaufmännische Nüchternheit der Reichsstädter fand seine
Freiheitöbäume komisch, seine Floskeln anmaßend und
seine Forderungen beleidigend; niemand ließ sich ein-
schüchtern noch begeistern, und so kam es, daß er zu-
letzt sich mit der Hälfte des Verlangten zufrieden geben
mußte. Das gallische Temperament mit der aus-
gepichten Phrase und der billigen Sentimentalität, und
das deutsche mit seiner nüchternen Zähigkeit: wann
standen sich die beiden wohl in stimmungsvolleren
Kontrasten gegenüber!
Und wenn in den oberen Schichten die Politik
Zurückhaltung gebot, so legten die unteren ihren Gefühlen
nicht immer Zwang an. Man machte da nicht viele
Umstände: einige Dutzend junger Metzger hatten sich
verschworen, Custine zu erschlagen, sobald er Befehl zur
Plünderung geben würde (dies glaubte man wenigstens),
und hefteten sich mit ihre» Hunden und Knütteln an
seine Fersen. Es geschah nun allerdings kein Unglück
weiter, weil die Franzosen genug zu tun hatten, sich
auf ihrem gefährlichen Posten in Feindesland ruhig zu
halten. Als aber die Preußen heranrückten, bekam die
Sache ein anderes Gesicht, und die Frankfurter fingen
an bängliche Gefühle zu kosten.


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