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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 15.1908

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[Heft 6]
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Schäfer, Wilhelm: In eigener Sache
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Schäfer, Wilhelm: Der Impressionismus in Leben und Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.26458#0208

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In eigener Sache.

sich hat. Erft dann kann er wirklich zu den anderen
gehören, denen er sich vorerst nur scheinbar, durch die
Helligkeit seiner Farben, einfügt.
* *
*
Der Leser wird nun, falls er nicht aus Düsseldorf
ist, kaum wissen, was dies beißen soll. Er hat eS nicht
erlebt, daß da auf einmal eine Kunstausstellung gezeigt
wurde, wie sie besser weder in Berlin noch in München
dem Nachwuchs möglich ist, die beste Kunstausstellung in
Düsseldorf seit einem Mcnschenalter und ohne Zweifel
den Wiedereintritt Düsseldorfs in die Reihe der führenden
Kunststädte bedeutend. Nicht einmal so sehr durch die
Qualität der Werke, als durch die künstlerische Gesinnung,
die trotz starker Einzelkünstler in dieser Stadt seit Jahr-
zehnten verloren gegangen war. Daß sich noch einmal
sieben Idealisten in der Malkastenstadt zusammenfinden
würden, konnte ich kaum noch glauben. Nun es aber
geschehen ist und Bürger- und Künstlerschaft sich an-
erkennend zeigen, darf ich wohl fragen: welcher Einzige
ist in Düsseldorf, der vor dieser Ausstellung nicht von
Grund auf seine Anschauungen ändern muß, außer mir,
der sich wörtlich bestätigt findet?
Die Frage wäre albern, wenn sie nicht von einem
gestellt würde, auf den sich der Haß Düsseldorfer Künstler
und Kunstfreunde seit Jahren wütend verbiß. Wo sind
nun außer den betroffenen Künstlern selber die Ehr-
lichen, cinzugestehen, daß ich meine Pflicht nach meiner
Einsicht treu verwaltete, und daß meine Einsicht die
bessere war? So daß cs nun eine Schlechtigkeit heißen
muß, gegen mich und die „Rheinlande" ein Kesseltreiben
veranstaltet zu haben, dem es nicht zu gewöhnlich war,
durch Abgraben von Abonnenten und Inserenten meinem
Blatt den Nährboden zerwühlen zu wollen. Ich bitte
sehr, wo sind die Herrschaften nun?
Vallendar, Mai I9O8. W. Schäfer.
er Impressionismus
in Leben und Kunst.
Man kann es oft von modernen Malern hören, daß
der Impressionismus eine Weltanschauung, also nicht
nur eine Technik sei. Was darin hochtrabend klingt,
versucht Richard Hamann ernsthaft in einem Werk
nachzuweisen, das unfern Lesern besonders nahe stehen
muß, weil seine erste andeutende Niederschrift in den
„Rheinlanden" erschien. Ich kann wohl sagen, daß ich den
stattlichen Band, der nun daraus geworden ist (im Verlag
der M. Dumont-Schaubergschen Buchhandlung, Köln
I9O7) mit dem Behagen zur Hand nehme, bedeutenden
Gedanken zu ihrer ersten Publikation verhelfen zu haben.
Um dies vorweg zu sagen: das Bedeutende finde
ich in den Zusammenhängen, wie der Verfasser zum
Impressionismus in der Malerei die verwandten Er-
scheinungen in den andern Künsten, namentlich der
Musik und Dichtung, deutlich macht, um sie auch in
der modernen Philosophie wiederzufinden und daraus
tatsächlich eine impressionistische Weltanschauung aufzu-
zeigen; deren Entstchungs- und Daseinsbedingungen er
dann untersucht, um zu der überraschenden Lösung zu

gelangen, daß der Impressionismus der Stil des Alters
sei. Wie er dies am Alterswerk Rembrandts, Goethes
und Beethovens plausibel macht und wie er im „Endstil"
von Kulturen, im Hellenismus und Rokoko danach sucht:
ist der Höhepunkt seines Werkes, während seine Schluß-
betrachtungen über Stilfolgen und Stilschwankungen
innerhalb der einzelnen Stilepochen allzuflüchtige An-
deutung bleiben und den Zusammenhang mit dem ersten
Kapitel über „das Wesen des Stils" nicht völlig ge-
winnen, so daß in dieser Beziehung das Werk unvoll-
kommen geblieben ist. Wie es überhaupt wohl richtiger
gewesen wäre, die historische Anwendung einer besonderen
Darstellung zu überlassen.
Was den Verfasser mehr als anderes befähigte, die
Aufdeckung solcher Zusammenhänge zu versuchen, war
der Glücköfall einer feinfühligen künstlerischen Natur,
die in der modernen Dichtung wie Musik und bildenden
Kunst gleich bewandert ist und für jede Behauptung
eine Fülle von Beispielen beibringen konnte.
Seine Notenbeispiele, Abbildungen und Dichtungs-
proben, manchmal beängstigend reichlich aneinander ge-
reiht, verraten ebensoviel Kenntnis wie Empfindung;
so sehr sie manchmal zu verwirren drohen, so sehr
stärken sie doch das Vertrauen zu seinen Schlüssen.
Denn daß eS eine Verwegenheit ist, uns eine Dar-
stellung von Dingen glauben zu machen, an deren
Entwicklung wir alle irgendwie noch beteiligt sind,
dieses Gefühl verläßt uns nicht beim Lesen. Es ist
bequemer, seinen Scharfsinn an vergangenen Epochen
zu wetzen, als derart kaltblütig Wissenschaft an unserer
Zeit zu üben. Aber die Sicherheit wächst mit jeder
Seite, daß hier tatsächlich Resultate gewonnen werden,
zum mindesten Richtungslinien, die aus dem Streit
um den Impressionismus in die Tiefe und zu den
Lebensfragen unserer Kultur führen. Wer dieses
Buch bis zu Ende las, den verläßt das sichere Gefühl
nicht mehr, daß doch ganz andere Dinge sich in den
jüngsten Wendungen unserer Kunftformen andeuteten,
als Maler- und Literatengezänk.
Vielleicht hätte man wünschen können, daß der
Verfasser einen deutlicheren Standpunkt eingenommen
hätte, als den des eingeweihten Erklärers. Sein Schluß-
wort „Mehr Hegel" und das Motto aus Dilthey —
„Und wer weiß, ob wir nicht aus der Gefühlsproblcmatik
Rousseaus, Goethes und der Romantik, der alten wie
der neuesten, zu einer männlicheren, härteren und ver-
standcshelleren Art, über Arbeit, Pflicht, Liebe, Ehe,
Religion und Staat zu denken, bald fortschreiten werden,
fortschreiten müssen" — lassen vermuten, daß er hierzu
Neigung verspürte. Er mochte aber wohl denken, daß
dazu eine übersichtliche Kenntnis als Grundlage erst
gewonnen werden müsse. Und dies, glaube ich, wird
ihm jeder zugestehen: daß er diese Grundlage ge-
wonnen hat. Jeder Widerspruch im Einzelnen scheint
mir doch nur noch dazu führen zu können, daß die
von ihm gezeigten Grundlinien sich bestimmter dar-
stellen. Natürlich ist dies nicht so gemeint, daß Hamann
dem Impressionismus die Diagnose gestellt habe, so
daß wir nun an die Heilung gehen könnten. Eben
dies ist der Vorzug seiner Arbeit, daß er für Freund
und Feind das Gefühl der historischen Notwendigkeit
 
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