Ferdinand Hodler: Empfindung.
ie Ausstellung von Werken
Schweizer Künstler in Frankfurt
wurde von dem Unterzeichneten Herausgeber im Auftrag
des Verbandes der Kunstfreunde zusammengebracht.
Somit dürfte eine kritische Auseinandersetzung weder
durch ihn selber noch durch einen andern in diesen
Blättern am Platze sein. Da aber die Ausstellung noch
in anderen Städten des Verbandes gezeigt werden
soll, dürfen hier wohl einige Erläuterungen gegeben
werden.
Die deutsche Schweiz ist zwar immer an der Ent-
wicklung unserer Kunst beteiligt gewesen; und wenn
auch Holbein wie Konrad Witz, die Sterne deö Basler
Museums, geborene Schwaben waren: so sind sie doch
durch ihre Wirkung wie durch Schüler (Hans Asper)
der Schweiz aufs engste verbunden und geben gerade so
ein Beispiel für die unlösbare Verbindung unserer deut-
schen Kunst mit der ihrigen, von der hier auögegangen
werden soll. Diese Verbindung hat uns später den
Maler geschenkt, der von manchen als der größte des
neunzehnten Jahrhunderts angesprochen wird: Arnold
Böcklin. In seinem Schatten sind einige andere etwas
zurückgetretcn, die sonst für diese Verbindung gleichfalls
gezeugt hätten: so Karl Stauffer-Bern und Hans Sand-
reuter-Basel, der noch gar nicht gewürdigte köstliche
Landschafter; auch wohl Stäbli, der aber fast zeitlebens
Münchner war.
Prüft inan, wie sich in den genannten Künstlern
das Schweizertum eigentlich nur in einer Übersetzung
zeigt, so daß man sie einzeln unbedenklich der deutschen
Kunst cinordnet, was äußerlich durch den Mangel einer
schweizerischen Kunstschule erklärt werden könnte: so
hat die Kunstübung in der Schweiz neuerdings eine
Geschlossenheit und volkstümliche Eigenart gewonnen,
daß wir eigentlich zum erstenmal von einer schweize-
rischen Kunst sprechen können. Das verdankt sie weniger
einem der genannten Meister (namentlich Böcklin nicht,
der immer von einer baslerischen Vorliebe für den
Süden war) als etwa Segantini und in der Hauptsache
Ferdinand Hobler, dessen Erscheinung zugleich die Ver-
körperung eines KunstprinzipcS ist, das der Naturanschau-
ung der Schweizer außerordentlich entspricht. Wer die
Schweizer Berge mehr als nur auf einer Sommerreise
gesehen hat, wer ihre durchsichtigen Lüfte und Glas-
schlackenklarheit ihrer Bergkonturen und Härte ihrer
ungebrochenen Farben empfunden hat: dem wird es
innerlich verständlich sein, wie hier gegenüber den aus-
gelösten Farbigkeiten und verschleierten Tiefen des Im-
pressionismus ein Kunstprinzip neu aufleben konnte, das
alles in klarster Bestimmtheit auf die Fläche bringen
will. Wobei nicht nur an die sreSkenhaften Werke
Hoblers gedacht wird, wo sich dieses Prinzip der monu-
mentalen Wirkling zuliebe von selber einftellen mußte,
sondern auch in etwa an das Mosaikprinzip Segantinis,
das uns zum erstenmal die starre Größe der Alpen-
welt vor Augen brachte. Durch Hobler erst hat dieses
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