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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 15.1908

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Heft 3
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Schäfer, Wilhelm: Die Ausstellung von Werken Schweizer Künstler in Frankfurt
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https://doi.org/10.11588/diglit.26458#0096

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Die Ausstellung von Werken Schweizer Künstler in Frankfurt a. M.

Prinzip Rückgrat erhalten; er ist der Baß, nach
dessen Grundgewalt sich die anderen Stimmen richten
mußten.
Ich brauchte schon in meiner Arbeit über Gattiker
im vorigen Heft (Februar 1908) den Vergleich eines
Dreiecks, in dessen schars ausgezogener Spitze allein
Gattiker, in der weniger spitzen Weltis kleinbürgerliche
Kunst mit einigen Genossen, und an dessen rechtem
Winkel Hodler stände mit der ganzen Schweizer Jung-
mannschast. Denn daß auch Amiet und Giacoinctti
zu ihm gehören, bedarf angesichts des Bildnisses z. B.
von Amiet und der Landschaften von Giaeometti keines
Beweises. Sie sind nur mehr als der Meister aufs
Farbige eingestellt. Daß sie so selbständig aus ihm
wurden, was bei Böcklin, wie wir erlebten, unmöglich
war, bezeugt die innere Richtigkeit der Hodlerschen An-
schauung. Nicht nur weil er eine überragende Erschei-
nung ist, sondern weil sein Kunstprinzip eine Natur-
gewalt ist, darum konnte er mit einem Schlag eine
schweizerische Kunst ins Leben rufen mit so viel Charakter-
köpfen, wie es außer Amiet z. B. die Berner Buri,
Colombi, Emmenegger, Boß, Surbeck, Senz usw. sind.
Basel hat freilich in diesem Fall seine Jnternationalität
behauptet, von seinen Künstlern geht keiner mit, während
die Zürcher sich schon mehr mit seinem Einfluß aus-
einandersetzen, freilich zumeist in dem trefflichen Schwa-
ben Würtenberger.
Was Hodler ist, das wurde im Oktoberheft dieser
Zeitschrift trefflich durch vr. Kesser dargestellt. Es

kann nicht Aufgabe dieser kurzen Darlegung sein, auch
nur das Wesentliche davon zu wiederholen, ebensowenig
eine Aufzählung der einzelnen Werke, die in der Aus-
stellung vereinigt sind. Hier sollte nur ungefähr die
Berechtigung angedeutet werden, mit den Schweizern als
etwas Besonderem vorzurücken. Nun wäre dies viel-
leicht noch zu bemerken: Hodler füllt in der Ausstellung
einen besonderen Saal. Es sind Werke aus seiner
Frühzeit bis zum letzten, der „heiligen Stunde", zu-
sammengestellt worden, um in seiner Entwicklung zu-
gleich seine Absichten deutlicher zu machen. Dabei findet
sich die in Deutschland schon bekannte „Empfindung"
durch das letzte Bild in etwa überholt, indem die
Sprödigkeit dieser Periode sich mehr zum Prächtigen
wendet, sinnlicher und dekorativer im heiteren Sinn
wird. So daß diese „heilige Stunde": vier lebens-
große Frauen in blauen Gewändern vor einem Rasen-
hang, durch Rosen völlig eingerahmt, manchen, der bis
jetzt noch zweifelnd stand vor dieser Kunst, überzeugen
könntc.
Die Ausstellung, durch den Protektor des Ver-
bandes, den Großherzog Ernst Ludwig, aufs ein-
gehendste vorbesichtigt, hatte in Frankfurt einen seltenen
Erfolg. Ihre Fremdheit war den Kunstliebhabern dieser
Stadt kein Grund, sich von ihrem Studium abhalten
zu lassen, und namentlich ein Maler hat in der Frank-
furter Zeitung über die Anregung ganz außerordentlich
fein quittiert. Hoffen wir, daß die Wirkung überall
die gleiche ist. S.


Fritz Widmann: Albis.
 
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