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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 15.1908

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Heft 4
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Ebbinghaus, Carl: Das "Haus" in Westfalen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26458#0129

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Rüschhaus bei Nienberge. (Aufnahme Heinrich Stamm, Münster i. W.)

as „Haus" in Westfalen.
In seinein ausgezeichneten, leider längst ver-
griffenen Werk über „die mittelalterliche Kunst
in Westfalen" (Leipzig, T. O. Weigel, I85Z) schildert
Wilhelm Lübke den Charakter des westfälischen Landes
und Volkes als „Prototyp deutschen Wesens" gegenüber
dem vielfach fränkisch beeinflußten Rheinländertum:
„Dort der bewegliche, nach außen gewandte, äußerst
empfängliche Geist, in leichter Aufwallung schnell für
ein Neues, Fremdes gewonnen, dieses sodann mit
glänzender Begabung ergreifend und
inö Leben hineinbildend. Hier der
schwerfälligere, dem Fremden ab-
holde, nach innen gekehrte, in eige-
nem Wesen stark, tief, selbst hart-
näckig wurzelnde Sinn, der minder
leicht sich für ein ihm Zugetrageneö
begeistert, deshalb minder Glänzen-
des und Großes vollsührt, im Klei-
nen dagegen auf seinen eigentüm-
lichen Bahnen eine Welt mannig-
faltig bewegten Lebens schafft." —
„Jene uralt germanische Scheu vor
den: Zusammcnwohne» in gemein-
samen Niederlassungen ist nirgends
so stark ausgeprägt, wie in West-
falen. Ja, bis auf den heutigen
Tag trifft man in dem Teil des
Landes, der am ungetrübtesten seine
Eigentümlichkeiten bewahrt hat, im
Münsterlande, die alte Anlage der
vereinzelten Gehöfte überall an;
von tiefen Gräben und dichten
Wallhccken umzogen, grenzen sich
die Besitzungen voneinander ab.

Ihnen gegenüber ist die Zahl der Dörfer und Städte
gering."
Wie diese „vereinzelten Gehöfte" in Westfalen aus-
sahen und noch aussehen, ist bekannt: ein langes nie-
driges Haus mit hohem Satteldach, das Stall und
Wohnung um eine Diele vereinigt, die durch ein großes
Einfahrtstor zugänglich ist. Es soll hier keine Dar-
stellung erfahren, nur darauf angesehen werden, wie-
weit eS eine künstlerische Ausbildung verträgt. Die
alten Meisterstücke (Hof Valepage zu Delbrück) sind be-
kannt. Durch Borten reichgeschnitzten Holzwerks, die
Balkenlage der Geschosse andeutend,
wird der Giebel aufgeteilt, der im
übrigen sein Fachwerk zeigt. Je
nachdem dieses Holzwerk reich ist,
macht es eine vortreffliche Wirkung.
Und daß die Möglichkeiten nicht
gering sind, hieraus ein vielgeschossi-
ges Bürgerhaus zu bilden, zeigen
z. B. die Häuser in Wiedenbrück,
wo das Erdgeschoß durch eine
Zwischendielc abgeteilt ist, so daß
die Fenster des ersten Stockwerks
in langer Reihe unter der großen
Balkenlage sitzen, rechts und links
bis an das große Tor heran,
das durch die beiden unteren Ge-
schosse aufragt. Indem die durch-
gehende Balkenlage über dem
oberen Geschoß vorsteht und durch
Konsolen abgestützt wird, welche
Abstützung sich meist im Giebel
darüber noch einmal wiederholt:
ergibt sich aus dem ursprünglich
kargen Haus ein reiches Schau-
bild, das sich wohl neben den



Kapelle auf Ermlinahoff.
(Aufnahme Heinrich Stamm, Münster i. W.)
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