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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 15.1908

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Heft 4
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Wurz, Jean: Ein angebliches Schillerbild
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https://doi.org/10.11588/diglit.26458#0132

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in angebliches
Schillerbild.

Im Januarheft Ihrer ge-
schätzten Zeitschrift finde ich
ein angebliches Schiller-
bildnis aus der Mann-
heimer Zeit als bisher un-
bekannt bezeichnet.
Genau das gleiche Bild,
ebenfalls auf Kupfer ge-
malt, befindet sich schon
lange Jahre in meiner
Sammlung, jedoch in weit
besserer Ausführung, so daß
ich annebme, daß das von
Herrn Jos. Aug. Beringer
beschriebene Bild eine Skizze
zu meinem Original ist.
Beim Betrachten dieses
Originals kommt man aber
sofort zu der Ansicht, daß
man es nicht mit Schiller,
und überhaupt nicht mit einem
Dichter oder Schriftsteller,
sondern mit einem bildenden
Künstler zu tun hat. Zeichen-
mappe und Reißfeder weisen
ganz unverkennbar darauf
hin. — Die Skulptur im
Hintergründe macht uns
weiter verständlich, daß der
Dargestellte ein Bildhauer
ist. In Mannheim lebte
Schiller bekanntlich in den
dürftigsten Verhältnissen.
Der Anzug des auf dem
vermeintlichen Schillerbilde
Porträtierten — roter Rock
mit Pelzbesatz und Fang-
schnüren — deutet aber auf
Wohlstand und vornehme
Stellung. Mein Original
läßt keinen Zweifel darüber,
daß diese Beweisführung un-
trüglich ist; denn aus der
Rückseite derKupserplatte hat
der Maler, der auch Kupfer-
stecher war, cingraviert:
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Das angebliche Schiller-
bildnis stellt somit den aus
der „Geschichte der Mann-
heimer Zeichnungsakademie"
bekannten Bildhauer Lamine
dar, und damit fällt die
ganze Geschichte von dem
neu aufgesundenen Porträt
Schillers in nichts zusam-
men. Jean Wurz.
* *
*
Hier stehen beide Bilder,
das von uns als Schiller-
bildnis publizierte und daS
aus dem Besitz von Jean
Wurz untereinander. Die
Übereinstimmung in allen
äußeren Dingen ist eine
so verblüffende, daß zu-
nächst kein Einspruch mög-
lich scheint. Seltsam aber
und gerade im Nebenein-
ander rätselhaft sind die
Veränderungen im Antlitz,
wenn wir tatsächlich unser
Bild als eine Skizze zu
dem andern auffassen wollen.
Und sonderbarer ist die un-
leugbare Ähnlichkeit mit den
bekannten Schillerbildnissen
in der einen Tafel, wo-
von in der andern auch
keine Spur mehr übrig ge-
blieben ist. Es müßte
immerhin eine außerordent-
liche Laune des Zufalls
sein, falls wir ihm die
Täuschung verdanken. Und
ganz von selber drängt sich
die Frage auf, ob nicht von
Fratrels oder von einer
andern Hand der charakte-
ristische Kops Schillers
scherzhaft in ein vorhan-
denes Arrangement hinein-
gemalt sein könnte? Frei-
lich nur, lim als phantastisch
mit einem Kopsschütteln
abgelehnt zu werden. Aber
daß es wohl das selbe Bild,
aber nicht der selbe Kops
ist, scheint schließlich gleich
unglaublich. S.

wo
 
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