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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 15.1908

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Fischer, Karl: Die Großherzogliche Majolika-Manufaktur in Karlsruhe
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von Karl Widmer
(aus der Sammlung
„Baden, seine Kunst
und Kultur". -
I. Bielefelds Verlag,
Freiburg i. B.). Ich
möchte auf ihn ver-
weisen, und hier nur
noch über einzelne
Sachen aus der Aus-
stellung berichten.
Das Hauptstück
ist ein großes Fliesen-
bild von Hellmut Eich-
rodt, das Geschenk der Geigerschen Fabrik für den großen
Saal der Frankfurter Kläranlage, ein Hauptstück schon
durch die technische Leistung der Manufaktur. Das
Bild mißt 5,7O bei l,8O Meter und setzt sich auö etwa
6OO Platten zusammen. Daß bei dem Brand keine
Platte mißriet, daß die Farben vollkommen gleich-
mäßig hcrauSkamcn und nirgends Wertverschiebungen
erlitten, das zeugt in glänzender Weise für die Voll-
endung, aus die Süs die Manufaktur in technischer Hin-
sicht geführt hat. Die vortreffliche Lösung, die Eichrodt
für seine Aufgabe fand, der freie, schöne Rhythmus
der schreitenden Frauen, die klare Übersichtlichkeit der
großen Fläche, sind auch aus unserer Reproduktion er-
sichtlich. Dazu kommt eine Helle, festliche Stimmung
in der Farbe, so daß dieses Bild von neuem und in
gesteigertem Maße aus Eichrodt als einen Maler
von sehr starker dekorativer
Veranlagung und lebhafter,
heiterer Phantasie hinweist.
Ein zweites Fliesenbild von
großen Dimensionen ist der
Heilige Georg von Süs, der
vielen unserer Leser von der
Mannheimer Ausstellung her
bekannt sein wird, dessen
prachtvolle Tonschönheit aber
in der hiesigen Ausstellung
unvergleichlich viel besser zur
Geltung kommt als damals
in Mannheim. Neben ihn:
stellt Süs eine große Reihe
seiner Werke aus, Platten,
Vasen, Teller, und dann viele
plastische Arbeiten. Vielleicht
fehlt seiner Kunst die Note
ausgeprägtesten Eigenwillens,
rücksichtsloser Eigenart, sonst
müßte seine Kollektion viel
energischer das beherzigen, was
sie ist — die Achse der ge-
samten Produktion der Ma-
nufaktur. Sie umfaßt alles,
gibt Anregung und Beispiel
für alle. Seine Welt ist aber
die einer stillen, anmutsvollen
Schönheit, die es sich gefallen
lassen muß, daß der eilig

Schreitende zuerst an
ihr vorübergeht, —
das ist keine Ver-
mutung, sondern eine
Beobachtung. Wer
jene Schönheit aber
erst sieht, der findet
die entzückendsten
Dinge (z.B.ein schlum-
merndes Kind oder ein
reizendes kleines Weih-
wasserbecken mit
Engel). In der Farbe
ging Süs aus von dem
alten Fayencen-Akkord blau gelb, zuerst etwas hart und
trocken, dann toniger werdend, mit grün wechselnd,
bis er heute zu einem wundervollen Wohllaut der
Farbenabstimmung kommt. Ich glaube, daß die keramische
Kunst in ihm einen ihrer besten Meister zu preisen hat.
Die Nennung des Namens Hans Thoma ersetzt
heute — endlich — jede Beschreibung seiner Werke; seine
Kunst ist Gemeingut geworden.
Die Manufaktur hat den glücklichen Vorzug, viele
keramische Arbeiten Thomas zu besitzen, aber es ist
nicht meine Aufgabe, hier das Einzelne zu wägen. Nur
erscheint es mir erstaunlich, daß eine große Vase mit
einem Fries von Kinderköpsen, aus ein blasses Rot ge-
stimmt, noch keinen Liebhaber gefunden hat. Es ist
ein Kabinettstück von erlesenster Schönheit.
Hans v. Volkmann kennt man allgemein als
Landschafter. Er ist aber
noch etwas anderes — ein
Dichter, eine schöpferische Phan-
tasie. Seine kleinen Platten
mit humoristischen Szenen
führen in ein Gebiet so reiner
und warmherziger Lebens-
freude, daß man sie ohne ein
Lächeln nicht betrachten kann.
Das reproduzierte Bildchen
zeigt weniger nach dieser
Seite, gehört aber zu den an-
mutigsten und schönsten der
Ausstellung.
Von den Malern, die mit
ihren Platten die Wirkungen
eines Tafelbildes erstreben,
seien Luntz und Walter hervor-
gehoben. Sie bringen sehr
schöne landschaftliche Motive,
doch läßt sich wohl darüber
streiten, ob der Fayence der-
artige Ausgaben zu stellen sind.
Unter den Bildhauern steht
in der Ausstellung an erster
Stelle Maximilian Würten-
berger. Eine starke Gestal-
tungskraft, die auf allen Ge-
bieten zu Hause ist, vom
Porträt und der ruhig stehen-
den, schönlinigen Figur bis zur

H. v. Dolkmann.

K. M. Würtenberger.
 
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