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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 9.1916

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Nr. 2 (März u. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25479#0043

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3i

daraut hin, daß man über Schutt und Asche
sozusagen zu einer völligen Neuordnung
der Verhältnisse schritt.»

Die ältere Annahme (besonders von Karl
Arnold vertreten), daß chattische und
salfränkische Einflüsse zuerst in Trier ge-
wirkt hätten, der auch ich früher gefolgt
bin, ist unhaltbar geworden. Es waren
Rheinfranken, die um 460 Trier in Be-
sitz nahmen; chattische Siedlung im
Moseltal folgt erst im 6. Jahrhundert, und
salfränkisches Recht ist auf trierischem
Boden viel später aufgetreten: diese Auf-
stellungen, denen auch K. Ausdruck gibt,
sind erhärlet durch die gründlichen Unter-
suchungen von L. Wirtz, Franken und
Alemannen in den Rheinlanden bis zum
J, 496 (Bonner Jahrb. 122, 1912, S. 170 ff.).

Verf. würdigt auch die Ortsnamen als
sprechendes Zeichen des fortlaufenden
Zusammenhanges der kulturellen Entwick-
lung. Gerade der engere Umkreis um Trier
ist vollgepfropft mit Namen, die aus der
römischen Zeit über die fränkische hinweg
sich erhalten haben. Besonders kenn-
zeichnend für die Entwicklung sind die
Namen, die (wie Enkirch, Klüsserath,
Maring 3) usw.) ursprünglich keltisch sind,
aber in der Folge von der fränkischen
Bevölkerung eingedeutscht wurden. Ebenso
sehr verdient aber auch die Tatsache
Beachtung, daß im Trie'rer Gebiet Mengen
von vordeutschen Ortsnamen sich vorfinden,
die ihr kelto-romanisches Gepräge bis ins
Mittelalter hinein ungestört bewahrt haben
und auf das geschlossene Fortbestehen
vordeutscher Bevölkerungsteile schließen
lassen. Besonders bezeichnend finde ich
hierfür gewisse romanische Flurnamen,
die uns aus dem frühen Mittelalter bezeugt
sind (z. B. Novello Plantato, Fossato, Fon-
taneto aus der Trierer Gegend) 4); erst im
spätern Mittelalter sind solche Reste dem
vordringenden Deutschtum gewichen. (Eini-
ges hat sich übrigens in eingedeutschter
Form erhalten, z. B. 'Grau’ (zu Mehring),
'in Grav’ (bei Trier) = roman. grava = Sand,
Kies (franz. 'gravelle Kies’, vgl. Gravelotte:
Uibeleisen, Die roman. u. fränk. Ortsnamen
Welschlothringens, im 5. Jahresb. d. Ver. f.
Erdk. in Metz, 1882, S. 53). Doch diese
ganze Frage ist wieder ein Kapitel für sich;
erinnert sei hier nur noch an das Mosel-
dorf Wellen = Vualeheim (im J. 646), d.
h. ein Dorf, in dem noch spät Walen, Welsche
saßen (vgl. Welschbillig).

3) Das mitaufgeführte Minheim ist nicht
das alte Miena, ein Name, der vielmehr
das heutige Möhn bezeichnet.

4) Vgl. meine «Röm.-germ. Studien» S.
247 und hierzu L. Wirtz, Düsseld. Jahrb.
1915 S. 308; genaue Nachweise bei M. Mül-
ler, Die Ortsnamen im RB. Trier (Jahres-
ber. d. Ges. f. nützl. Forsch. 1900/05) S. 63
u. sonst.

In den folgenden Abschnitten, die natur-
gemäß den weitaus größten Teil des statt-
lichen Bandes füllen, berühren uns hier
besonders die Stellen, die vom Fortleben
des Altertums und seiner Denkmäler han-
deln ; helle Streiflichter fallen auch auf
Einrichtungen und Überlieferungen, die von
der Urzeit her niemals sich ganz verloren
haben. Dazu gehört die enge Verbindung
städtischen und ländlichen Grundbesitz.es,
die als ein Erbe der Römerzeit uns im
Mittelalter in den Städten des Iinken Rhein-
ufers begegnet, und ebenso gehört hierhjn
sehr wahrscheinlich das Wollgewerbe, das
sich (wie in Belgien) ohne Unterbrechung
von der Urzeit bis heute erhalten zu haben
scheint: es fehlt leider, wie Verf. beklagt,
bisher eine genaue Darstellung; doch hat
Verf. selbst manches beigesteuert (S. 665 ff.).

— Im übrigen müssen wir uns hier begnugen
die w'eitern Buchüberschriften zu geben :

Die Zeit der Selbstverwaltung (1302 —1580),
in der u. a. der Kampf der Stadt mit den
Erzbischöfen um die Reichsunmittelbarkeit
hervorsticht, «Unter einem kurfürstlichen
Statthalter» (1580—1794), die Zeit, die uns
die vom westlichen Erbfeind kommenden
Leiden nur zu nahe treten läßt, und die
in den zum Glück kurzen Abschnitt «Unter
französicher Herrschaft» (1794—1814) aus-
mündet. «Unter preußischem Zepter» ist
dann die Stadt besonders seit 187t in die
neue Städtekultur mit steigender Kraft
hineingewachsen. Das Namen- und Sach-
verzeichnis ist sehr willkommen, nicht
minder drei Stadtpläne, die der römischen
und französischen Vergangenheit und der
heutigen, lebensvollen Gegenwart ent-
sprechen. — Das Buch erfüllt in glücklicher
Weise seinen Zweck, ein (bisher fehlendes)
Werk zu schaffen, «zu welchem derjenige
I greifen kann, der sich ohne allzuviel Mühe
in großen Zügen einen Überblick über den
Werdegang der Stadt in seinem ganzen
geschichtlichen Verlauf verschaffen will.»
Münster i. W. Franz Cramer.

ErichBlume, Die germanischenStämme 13.
und die Kulturen zwischen Oder
und Passarge zur römischen Kai-
serzeit II. Teil: Material. Aus dem
Nachlaß herausgegeben von Martin
Schultze. (Mannus-Bibliothek Nr. 14)
Würzburg 1915.

Die vorliegende Arbeit bildet den Ab-
schluß zu dem in der Mannus-Bibliothek
unter Nr. 8 erschienenen I. Teil. Blume
beabsichtigte in diesem Schlußband das
gesamte ihm erreichbar gewesene Material,
auf dem die Resultate und Darlegungen
des I. Teiles beruhten, systematisch ge-
sichtet und geordnet zu veröffentlichen.

Da endete mitten im arbeitsfrohen Schaffen
ein erschütterndes Schicksal sein Leben.
Wie so vieles andere war auch die Hand-
schrift der vorliegenden Arbeit nicht druck-
 
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