Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Beck, Paul A. [Editor]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 29.1911

DOI issue:
Nr. 3
DOI article:
Rummel, Anton: Die Gegenreformation zu Biberach von 1546 - 1618, [2]: (nach den Akten im kath. Stadtpfarrarchiv)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32978#0067

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
— 41 —

aufgestellt. Darüber klagten auch die
Protestanten an die Union. Seit der
Reformation, klagen sie, sei im Spital
kein Meßpriester mehr gewesen, sondern
nur ein evangel. Prediger, weil fast alle
Arme und Kranke evangelisch gewesen
seien. Nachdem es so etwa 40 Jahre
gewesen, fei um das Jahr 1573 in der
Spitalcapelle wider der Armen Klagen,
Flehen nnd Bitten die Messe wieder ein-
gerichtet und 1609 ein Priester mit einer
Besoldung von 220 fl. aufgestellt worden.
Weil der Stadtrat zum Teil für die
kath. Religion eintrat, so fürchteten die
Evangelischen immer, die ganze Stadt
würde vielleicht noch katholisch werden.
In der Beschwerdeschrist an den Chnr-
fürftcn von der Pfalz 1615 behaupten
sie deshalb: Da man am 18. Dezember
1614 von der Spitalkirche eine konsecrierte
Hostie zur Zeit des evangel. Gottesdienstes
in der Pfarrkirche mit allerlei Geschell,
Läuten nnd Ceremouien in das Sacra-
meutshänsle in der Pfarrkirche getragen
habe, habe man dadurch nur Aufruhr,
Tumult und dergleichen verursachen wol-
len, damit man dann auch über Biberach,
wie damals über Donauwörth, wegen
Aufruhr herfalleu und diese Stadt wie
Donauwörth dem Papsttum wieder ein-
verleiben könne. Auch habe unlängst ein
Meßpriester öffentlich auf der Kanzel ohne
Scheu verlauten lassen, daß es nur noch
ein halb Jährlein brauche nnd Biberach
werde wieder katholisch sein.
In der Tat war aber der Fortschritt
der kath. Religion in Biberach trotz des
Eintretens des Stadtrates nicht besonders
groß. Denn die Katholikenzahl vermehrte
sich von 1550—1620 nicht erheblich. Im
Jahre l53I waren zwar nur 70 Seelen
katholisch, die aber sicher bis 1550
auf 500—600 Seelen wieder gestiegen
sind In ihrem Protest gegen den Stadt-
rat im Jahre 1575 an den Kaiser behaup-
teten die Evangelischen, sie seien 6000
Seelen und die Katholiken 200 nnd da-
runter viele Abgefallene. Freilich werden
anfangs bei den Katholiken manche ge-
wesen, die zur Zeit der Reformation ab-
gefallen sind, mit dem großen Haufen
gingen, dann sich wieder eines andern
besannen und wieder zum alten Glau-
ben zurückkehrten. Demgegenüber behaup-

teten die Katholiken auf dein Reichstag
zu Augsburg 1582, sie hätten 600 Com-
munikanten nnd die Evangelischen schätz-
ten zu gleicher Zeit ihre Communikanten-
Zahl auf 1500—1600. Das ließe schließen
bei den Katholiken ans etwa 1000 nnd
bei den Evangelischen auf 3000 Seelen.
Noch einmal kommen die Evangelischen
in einem Protokoll von 1619 zu sprechen
auf die Seelenzahl der Katholiken und
Evangelischen. Darin sagen sie, daß in
Biberach nicht der lOte Mann katholisch
sei nnd darunter seien die meisten Con-
vertiten, der Protestanten seien es 900,
der Katholiken keine 100. Unter diesen
100 Katholiken nnd 900 Evangelischen
sind Bürger zu verstehen. Sicherlich ist
hier die Zahl der Katholiken stark her-
nntergesetzt nnd die der Evangelischen hin-
aufgeschranbt nnd viele Katholiken wer-
den nicht Bürger gewesen sein. Auch für
diese Zeit muß man die Katholiken auf
1000 und die Evangelischen auf 3000
Seelen schützen.
b) verschiedene Streitigkeiten zwischen den
beiden Religionen nm das Jahr f6OO.
Seitdem Katholiken nnd Evangelische
in Biberach neben einander wohnen und
leben und einander dulden mußten, gab
es natürlich immer Streit in kleineren
nnd größeren Dingen. Der Reibungs-
punkte waren eben gar viele. Es gab
Streit wegen der Feiertage, Feste, wegen
der Stadtpfarrkirche. Einmal wegen der
kath. Feiertage, wenn auf diese der Wochen-
markt fiel. Den 8. August 1612 schreibt
Joachim Schaupp an Christoph Grön,
Chnrpfälzischen Canzler: wenn ein kath.
Feiertag auf den Mittwoch als den Wochen-
markttag falle, so müsse der Markt ein-
gestellt werden und es sei am 15. Augnst,
den: Feste Mariä Himmelfahrt, der An-
fang damit gemacht worden; das sei ein
großer Schaden für Biberach. Es scheint
damals ein solcher Markt nicht nachgeholt
morden zu sein. Schon vorher gab es
Anstand mit Biberach bei. Einführung
des neuen Kalenders in Betreff der
Wochenmärkte. Wegen Einführung des
neuen Kalenders entstand in Biberach
großer Unmut, weil die benachbarten
Herrschaften, besonders der Abt von
 
Annotationen