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Beck, Paul A. [Editor]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 29.1911

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Nr. 3
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Rummel, Anton: Die Gegenreformation zu Biberach von 1546 - 1618, [2]: (nach den Akten im kath. Stadtpfarrarchiv)
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https://doi.org/10.11588/diglit.32978#0068

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— 42 —

Ochsenhausen seinen Untertanen verboten
hatte, an den Tagen, an welchen nach
dem neuen Kalender ein kathol. Feier-
tag war, den Wochenmarkt in Biberach
zu besucheu. Infolge des dadurch ent-
standenen Schadens ließen die Protestan-
ten Biberachs 1604 den alten Kalender
fallen, in der Hoffnung, daß dadurch der
Besuch des Wochenmarktes und die Zu-
fuhr von feiten der Katholiken sich bessern
werde. Unterdessen aber hatte der Abt
von Ochsenhausen ein kaiserliches Wochen-
marktprivilegium ausgewirkt, infolgedessen
der Stadt Biberach ein großer Abbruch
geschah. Darob war großer Unwille in
der Bürgerschaft, die jetzt der Meinung
war, sie sei durch List und geheime Ver-
abredung der Katholiken vom alten Ka-
lender abgebracht worden und dazu noch
in Schaden mit den Wochenmärkten ge-
kommen. Kaiser Rudolf II. bedauerte,
daß die Stadt auf solche Weise in Schaden
gekommen und beauftragte eine Kaiser-
liche Commission, auf Wege und Mittel
zu sinnen, wie der der Stadt Biberach
erwachsene Schaden so gut als möglich
wieder aufgehoben werden könne (1607).
Weitere Streitigkeiten entstanden in
der Stadt wegen des Frohuleichnams-
festes. Im Jahre 1.609 zogen nämlich
die Katholiken nicht bloß um die Pfarr-
kirche herum, sondern auch außerhalb des
Kirchhofs auf den öffentlichen Gassen um
die Stadt herum. Vou der Sternenwirt-
schaft aus haben nun 3 fremde Studenten
mit bedecktem Haupte der Prozession zu-
gefehen. Der Salmansweiler Pfleger in
Schemmerberg, der die Prozession mit-
gemacht, begab sich nach der Mahlzeit im
Pfarrhof in den Sternen und machte den
3 Studenten Vorhalt; ein evangelischer
Prediger aber, der bei den Studenten war,
nahm sich ihrer an. Es gab deshalb
einen Auflauf. Der Salmansweiler Pfleger
wurde zwar auch gestraft, aber in der
Beschwerdeschrift an die Union 1610 be-
klagen sich die Evangelischen, daß ihm
nachher vom Stadtrat die Strafe geschenkt
wurde, die Studenten aber und der Pre-
diger mit Schimpf abziehen mußten.
Im nächsten Jahr 1610 zog dann
ein evang. Prediger in einer Predigt gegen
das Frohnleichnamsfest los; der Magistrat
wollte das nich t leiden und deshalb ent-

standen wieder Händel und Streit. Die
Evangelischen wollten sich eben vom Ma-
gistrat den mollu8 ckocenäi nicht vorschrei-
ben lassen. Noch erboster auf die Frohn-
leichnamsprozesfion scheint Schaupp ge-
wesen zu sein; er klagt in einem Schreiben
an den Churpfälzischen Kanzler Grön
1612, der kath.Rat habe das Absingen geistl.
ev. Lieder und Psalmen außerhalb der
Kirche unter Androhung großer Strafen
verbieten lassen; hiegegen sei den kath.
Bürgern vergönnt, bei Haltung ihrer Pro-
zession die Stadt vollzuschreien und zu
brüllen, Altäre auf öffentlichem Markt
und unter allen Toren aufzurichten; item
auf allen Türmeir, wie auch auf der hohen
Wacht loszubrennen.
Ein Vorkommnis in der Stadtpfarr-
kirche gab endlich dem Kaiser Anlaß, die
Aufhebung des Simultaneums in der
Stadtpfarrkirche zu beantragen. Am 4.
März 1 607, als eben die Protestanten
zu Biberach iu der Stadtpfarrkirche Pre-
digt hatten, kam ein sonst tadelloser, aber
blödsinniger kath. Priester gleichfalls in
die Kirche, nm seine Andacht zu verrich-
ten. Dabei wechselte er 2—3 mal seinen
Platz und ließ sich scheints auch sonst
Ungehörigkeiten zu Schulden kommen.
Darob ärgerten sich einige der Protestan-
ten und schleppten den armen Mann un-
ter Schimpfen, Schlagen, Stoßen, Haar-
ausraufen aus der Kirche hinaus und
setzten ihre Mißhandlungen auch außer-
halb der Kirche noch fort, so daß er mit
dem Leben nicht davon gekommen wäre,
wenn ihn nicht zwei kathol. Jungfrauen
in ihr Haus ausgenommen hätten, wo-
rauf er aus der Stadt geschafft wurde.
Die Sache kam im Rat zur Untersuchung
und sollten sieben Personen als die An-
fänger und Rädelsführer ernstlich gestraft
werden. Sie appellierten aber an den
Kaiser und verlangten einen kaiserlichen
Urteilsspruch. Der Kaiser ernannte hie-
rauf eine Commission zur Untersuchung
und Ahndung. Da aber derartige Zwistig-
keiten in der Stadtpfarrkirche ihren Ur-
sprung unter anderem auch darin haben,
daß Katholiken und Protestanten eine ge-
meinsame Kirche haben, so sollte die Kaiser-
liche Commission ihre Bemühung auch
darauf richten, die Protestanten zur Ueber-
! lassung der Kirche an die Katholiken zu
 
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