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Beck, Paul A. [Editor]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 29.1911

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Nr. 3
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Rummel, Anton: Die Gegenreformation zu Biberach von 1546 - 1618, [2]: (nach den Akten im kath. Stadtpfarrarchiv)
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https://doi.org/10.11588/diglit.32978#0069

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— 43 —

bewegen. Auch sollte die Commission
bei den: Magistrat beantragen, aus Stadt-
geldern ein Predigthalls air einem anderen
bequemen Ort der Stadt zu erbauen, wo-
rin die Protestanteil ungehindert ihre
Ceremonien und Gebräuche verrichten
könnten. In der Instruktion an seine
Commissäre meint der Kaiser ferner, zur
Aufhebung des Simultaneums sollte die
Biberacher bewegen der Nutzen und die
Bequemlichkeit und das Beispiel anderer
benachbarter Städte.
4- Summarischer Bericht des Aloys von
Pflummern über das allmählige Eindringen
der Evangelischen in die Pfarrkirche zu
Biberach s522—s6s8.
Wollen wir aber zum Schluß noch
eine kleine Zusammenstellung über den
Kampf nur die Stadtpfarrkirche zu Biberach
haben, so setzen wir hieher einen summa-
rischen Berichts über die Frage, wie die
Lutheraner zu'Biberach ihr exercitium
roliZionis ill die Pfarrkirche daselbst ein-
gedrungen haben, welchen 1622 Aloqs von
Pflummern verfaßt hat und der abgekürzt
folgendermaßen lalltet:
I. Bei der ersten Fundation und Erbauung
dieser Pfarrkirche, so geschehen unter Kaiser Hein-
rich V. anno lllO haben die römischen Kaiser
und Könige das jus patronatus gehabt.
II. Das Palrvnatsrecht ist aber später durch
König Wenzel, Karls IV. Sohn, an das Kloster
Eberbach bei Mainz wegen zu Kriegszeiten er-
littenen Schadens gekommen.
III. Dnhero ein Usli^iosus aus genanntem
Kloster, bisweilen aber auch ein Laienpriester
die Pfarrei verwaltet Hal im Namen dieses
Gotteshauses.
IV. Und als anno 1522 etliche Prädikanten,
darunter Schlupfinseck, auf Zulassung des Ma-
gistrats, in der Pfarrkirche die lutherische Lehre
verkündet und auch solches ein Teil der abgefal-
lenen und verheirateten Pfaffen fortgetrieben
haben, jedoch das Nachtmahl allein in der Sonder-
siechenkirche gereicht worden, hat der kath. Pfarrer,
ein Eberbachischer Conventual, samt etlichen we-
nigen das kath. Exercitium continuiert 7 ganze
Jahre lang.
V. Am Osterdienstag 153t ist auf Befehl der
Obrigkeit die hl. Messe und anderer kath. Gottes-
dienst gänzlich abgeschafft und verboten worden,
worauf die Pfarrkirch den Lutheranern völlig
und allein verblieben ist, in welcher sie an Peter
und Paul, als Martin Bucer, Ambros Blarer
und Johann Oecolompadius allhier gepredigt
hatten, dis Altäre und Bilder zu Boden gerissen
wurden. Der kath. Pfarrer Johannes Kött ist
st Stadtpfarrarchiv Fase. ^4 I No. 6.

dann nach Rißegg gezogen, wo er bis 1548 im
Exil lebte.
VI. Während dieser Zeit und noch fürder bis
1550 hat Benedikt Widmann, Zwinglischer Prä-
dikant, der 1537 von Basel hieher kam, wider
die 5 anderen luther. Prädikanten die Zwinglische
Sekt, sonderlich im Nachtmahlstreit, öffentlich ge-
lehrt und schriftlich verteidigt.
VII. 2Vmo 1548 nachdem Kaiser Karl den
Kurfürst von Sachsen und den Landgrafen von
Hessen gefangen und das Interim verkündet wor-
den war, ist der kath. Pfarrer durch den luther.
Rat von Rißegg in die Stadt erfordert und ihm
die Pfarrkirche wieder eingehändigt worden, wo-
rauf dort am 13. August die Ite Messe wieder
gelesen wurde.
VIII. Am 17. Dezember 1548 schreibt der Rat
an den Bischof Christoph von Constanz, daß der
kath. Pfarrer, der selber nicht predigen konnte
und noch keinen Vikar zum Predigen hatte, dem
Rat vergönnt habe, das Predigtamt durch einen
luther. Prädikanten versehen zü lassen.
IX. Und obschon die Kanzel damals den Prä-
dikanten aus Bewilligung des kath. Pfarrers in
Händen geblieben, so haben sie doch nicht taufen
oder die Che einsegnen, vielweniger das Nacht-
mahl reichen dürfen, da die jura der Pfarrherr
alle außerhalb des Predigens an sich gezogen hat.
X. Als man 1549 vom Stadtpfarrer Kött
die Reichung des Abendmahls unter beiden Ge-
stalten forderte, schlug er es rundweg ab, gab
aber zu, daß es die Prädikanten außerhalb der
Pfarrkirche taten.
XI. Im Jahre 1549 haben die Evangelischen
wider des Pfarrers Willen in der Pfarrkirche
das Frühgebet und Kinderlehre wie auch das
Cinsegnen der Ehe angestellt mit dem Vermelden,
daß sie solches ohne Kaiserliche Abschaffung nicht
unterlassen würden.
XII. Als im Jahre 1552 Herzog Moriz von
Sachsen gegen den Kaiser mit etlichen Anhängern
den sogen. Fürstenkrieg führte und Biberach
durch besondere Kapitulation in dieses Bündnis
gezogen wurde, hat man am 31. Mai die bl.
Messe allhier wieder abgcschafft und alle Kirchen-
zier aus der Pfarrkirche wieder hinausgeworfen.
XIII. Als noch in demselben Jahr durch den
Passauischeu Vertrag Frieden wurde im Reich
und die Katholiken hier wiederum iu ihre Aem-
ter und Ratsstellen eingesetzt werden sollten,
haben die Evangelischen solche Okkicia ihnen mit
dem Vorbehalt überantworten wollen, daß zu
ihrem Nachtmahl der mittlere Altar in der Pfarr-
kirche und noch zwei Prädikanten zu den übrigen
bewilligt würden. Die Katholiken begehrten aber
ohne alle Bedingungen eingesetzt zu werden und
wollten die evangel. Predigt noch 4 Wochen dul-
den, bis vom Kaiser eine Entscheidung erfolge.
XIV. Im Jahre 1553 zeigen die Katholiken
dem Kaiser an, daß die evangel. Ratsherren
nicht von ihren Stellen weichen, auch die hl. Meß
bishero gesperrt sei und den Katholiken die Be-
suchung der evangel. Predigt bei ernstlicher Strafe
geboten werde. Hierauf kam abermals ein kaiserl.
Mandat betreffs Abtretung des evangel. Rats,
dem sich aber die Evangelischen nicht anders
fügen wollten, als wenn ihnen die Vesuchung der
Pfarrkirche vergünstigt werde.
 
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