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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 29.1911

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Nr. 3
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Rummel, Anton: Die Gegenreformation zu Biberach von 1546 - 1618, [2]: (nach den Akten im kath. Stadtpfarrarchiv)
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https://doi.org/10.11588/diglit.32978#0070

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44 —

XV. Inzwischen kam eine Kaiser!. Entschei-
dung von Brüssel, die aber betreffs der Religion
und des genannten Kirchenstreits gar allgemein
gewesen war und nur dasjenige, wozu sie sich
die Katholiken gegen die Evangelischen erboten
haben, billigte. Hierauf haben die Katholiken
den Abt Gerwig Blarer von Ochsenhausen und
Weingarten, der die Kaiserliche Commission 1551
ausführte, um Rat gefragt betreffs der Kaiser!.
Entscheidung, worauf dieser riet, daß die Katho-
liken das Smdtregiment antreten und den Evan-
gelischen die Religionsiibnng außerhalb der Pfarr-
kirche bis auf Kaiser!. Abschaffung einräumen
sollen.
XVI. An Mariä Himmelfahrt 1553 wurde
dann wieder angefangen Meß und Vesper zu
halten: auch sind die Katholiken ins Regiment
eingetretcn und haben den Evangelischen erklärt,
daß sie für sie nur einen Prädikanten, der nicht
öfter als an Sonn- und Feiertagen predigt,
unterhalten wollen.
XVII. Am 24. August 1553 haben die Evan-
gelischen durch den alten Bürgermeister Gräter
von den Katholiken begehrt, daß man ihnen die
Sakramente, das Friihgebet, die Kinderlehre und
tägliches Prcdigtamt mit Bestallung mehrerer
Wortsdiener, wo nicht in der Pfarrkirche, so doch
in der Spitalkirche einräumen wolle. Darüber
hat der Rat Bedenken genommen, bis man er-
fahren habe, wie es in anderen dergleichen Städten
gehalten werde.
XVIII. Nun bemerkt der Verfasser dieses Be-
richtes weiter: Wie nun die Nachfrage bei an-
deren Städten vorgenommen und was dann vom
Rat wegen der Bitte der Evangelischen bewilligt
wurde, habe ich nirgends finden können; ich habe
jedoch die Besorgnis, daß, als 1555 der Augs-
burger Religionsfrieden verkündet wurde, ihnen
aller Zutritt zur Pfarr gestattet wurde, zumal
da sie um diese Zeit den kath. Rat mit ihren
Wünschen mächtig überlasten haben.
XIX. Im Jahre 1561 haben sie ihren alten
Prädikanten eine Addition an der Unterhaltung
und auch noch einen weiteren Prädikanten erlangt.
XX. Die Evangelischen haben nicht geruht,
bis Kaiser Ferdinand durch ein Spezialdekret
zu Konstanz vom 2l. Januar 1563 bewilligt,
daß die Augsburger Religionsverwandten bei
ihrer Religion vermöge des Religionssriedcns
unangefochten bleiben sollen. Also ist ihnen die
Pfarrkirche in gpecie nicht verboten worden.
XXI. Im Jahre 1564 (?) haben dann der Praelat
und der ganze Convent des Klosters Eberbach
mit Bewilligung des Kurfürsten von Mainz den
Kirchensatz zu Biberach in dem Zustand wie er
jetzt befunden werde und mit der Bedingung,
daß er nach kathol. Herkommen uud für kathol.
Zwecke benützt werde, an den Spital zu Biberach
verkauft. In einem Berkaufsrevers haben ferner
Bürgermeister und Rat Biberach sich verpflichtet,
den Kirchensatz nach kathol. Herkommen und für
kathol. Zwecke zu benützen und der Kaiser Max II.
hat unter den genannten Bedingungen den Ver-
kauf bestätigt.
XXII. Zu diesem Kauf macht der Verfasser
dieses Berichtes die Bemerkung: „Weil in diesem
Cberbachischen Berkaufsbrief, ini Biberachischen

Kaufs-Revers und in der Kaiserlichen Confir-
mation die Pfarr allein und gänzlich zu dem
kathol. Gottesdienst deputiert, restringiert und
von neuem gewidmet worden, kommt mir ganz
verwunderlich und seltsam vor, daß in den Ver-
kaufsbrief, wie auch in den Kaufs-Revers contra
menten conclitlonio diese Worte geflickt oder
von den kath. Käufern geduldet wurden: „In
dem Stand sie es befinden, auch ihnen über-
geben worden ist". Denn weil die Cberbachischen
sieliZiosi zur Zeit ihrer Verwaltung das luther.
Exercitium in der Pfarr geduldet haben, ja so-
gar einer ans ihnen, Wendelin Waltertum, aposta-
siert und 2 Concnbinen an sich gehenkt und den
Pfarrhof so saaber ausgeräumt hat, daß sein
armes Hundle und Kühle hat verrecken müssen,
hat man unmeise gehandelt, daß solcher Ltatuv
in den Kaufbrief gebracht wurde. Denn dessen
bedienen sich die Evangelischen, um zu beweisen,
daß zur Zeit, als Eberbach den Kauf einen: Rat
einhändigte, Imtüerani die Pfarrkirche gebraucht
haben.
XXIII. Nach dem Abgang der genannten Eber-
bachischen keliZiooi im Jahre 1564 hat man am
27. Oktober desselben Jahres angefangen täglich
das Amt und die Vesper zu singen, was zuvor
nur an den Sonn- und Feiertagen geschehen war.
XXIV. Am Sonntag Invocabit 1570 ist zum
ersten Mal die kath. Predigt morgens 8 Uhr,
bis vor dieser Zeit aber um 11 Uhr gehalten
worden.
XXV. Am 16. November 1571 haben die
Spitalpfleger das Kirchlein im Hospital, so bei
den llutberi zur weltlichen Kammer gebraucht
worden, ausräumen und zieren und den Gottes-
dienst der kath. Religion wider der Prädikanten
Willen zueignen lassen, während das evangel.
Exercitium für die Kranken in einer Stube ver-
richtet wurde.
XXVI. Jur Jahre 1582 haben die Prädikan-
ten eine Barkirche in der Pfarrkirche verlangt.
XXVIII. Am 2. September 1586 haben evang.
Bürger und Bauersleute dem Rat 24 Gravamina
übergeben und unter anderem begehrt, daß ihr
Exercitium Augsburger-Confession in der Pfarr-
Spital- Sondersiech- und lutherischen Gottes-
acker-Kirche verbleiben solle. Auch begehrten sie
einen eigenen evangel. lateinischen Schulmeister
und lutherische Alumnos zur Erhaltung des
Kirchengesanges; erst 1590 wurden ihnen dieser
Schulmeister und 6 lutherische Alumni bewilligt.
XXVIII. Am 16. November 1610 begehren
die Evangelischen von einem Rat:
1) eine Barkirche in der Pfarr;
2) die Bezahlung ihres Nachtmahltisches;
3) eine Sacristei;
4) im Heiliggeistkirchlein noch eine Tür;
5) einen luther. Mesner;
6) Verbesserung der Prädikanten-Besoldung;
7) noch einen "luther. Alumnen.
XXIX. Am 10. Oktober 1611 traf dann der
Rat folgende Entscheidnng:
1) An Statt der Baarkirchen wolle man ihnen
ein neues Predigthaus ganz schön und be-
quem erbauen;
2) der Nachtmahltisch sei längst bezahlt;
 
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