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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 13.1922

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Elftes Heft
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Schreyer, Lothar: Das Wort, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.47210#0213

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den Körper. So erscheint die Fläche als
die Stelle des Körpers, wo sich die Körper
berühren. Für den einzelnen Körper er-
scheinen die Flächen als Schwellen, über
die man zum Körper gelangt. Die vierfache
Ausdehnung soll erkannt werden. Die
dreifache Ausdehnung erscheint als Schwelle,
über die man zur vierfachen Ausdehnung
gelangt. Der Körper ist die Stelle der vier-
fachen Ausdehnungen, wo sich vierfache
Ausdehnungen berühren. Die Linie berührt
die Fläche, die Fläche berührt den Körper,
der Körper berührt die vierte Ausdehnung.
Die vierte Ausdehnung berührt die fünfte
Ausdehnung, die fünfte berührt die sechste
Ausdehnung.
Die dreifache Ausdehnung ist die Welt, von
der wir ausgehen. Die drei Ausdehnungen
dieser Welt sind die naturgemässe, die
geistesgemässe, die vernunftgemässe Aus-
dehnung. Die naturgemässe Ausdehnung
berührt die geistesgemässe, die geistesge-
mässe die vernunftgemässe, die vernunft-
gemässe Ausdehnung berührt die vierte
Ausdehnung. Die Welt der Gesetze erscheint
als die Schwelle der vierten Ausdehnung.
Die erste Ausdehnung steht in unmittelbarer
Abhängigkeit von der zweiten, die zweite
von der dritten, die dritte von der vierten
Ausdehnung. Die Stufenfolge der drei ersten
Ausdehnungen ist anders ausgedrückt: Wir-
kung, Ursache, Absicht. Die Absicht ordnet
Ursache und Wirkung. Die Absicht ist
Liebekraft. Die Welt der Gesetze enthält
die Miittel zur Liebe. Das Mittel zur Liebe
ist das Gesetz. Das ist die Ab-Sicht, die
wir absehen können. Das Gesetz als Mittel
der Liebe ist der Schwerpunkt der drei-
fachen Gestalt. Das ist die Erkenntnis der
dreifachen Gestalt. In der Welt der Vor-
stellung sind die Mittel der Erkenntnis, in
der Welt der Vernunft ist diese Erkenntnis
selbst. In der Welt der Vernunft sind die
Mittel der Liebe. Sie beherrschen die erste
bis dritte Ausdehnung. In der vierten bis
sechsten Ausdehnung herrscht die Liebe
selbst. Sie ist in der sechsten Ausdehnung.
Die fünfte und vierte Ausdehnung sind
von der Liebe abhängig, wie die zweite
und vierte Ausdehnung von den Mitteln der
Liebe abhängig sind. Durch die Ent-
sprechungen ist die Welt der Gesetze in
unmittelbarer Abhängigkeit von der sechsten
Ausdehnung.

Jede Wortgestalt ist also in unmittelbarer
Abhängigkeit von der sechsten Ausdehnung,
ist eine Sechsfachheit. Die vernunftgemässe
Ausdehnung erscheint im Wort als rhyth-
mischei: Klang. Die vierte, fünfte, sechste
Ausdehnung sind nicht wahrnehmbar durch
den gleichen sinnlichen Vorgang, der die
erste, zweite und dritte Ausdehnung wahr-
nimmt.
Die Bewusstseinsebenen der vierten, fünften
und sechsten Ausdehnung erschliesst der
Expressionismus. Er erschliesst sie geistig
und leibhaftig, geistig durch das Hinge-
wendetsein der gesetzmässigen Vorstellung
auf diese Ausdehnungen, leibhaftig durch
die Einordnung der Welt des Willens in
dieses Hingewendetsein. Kraft und Dauer
des Hingewendetsein ist Voraussetzung für
die Bewegung zur erkannten Mitte. Das
Ueberschreiten der Schwelle der vierten
Ausdehnung vollzieht sich dann geistig und
leibhaftig, das heisst im Leben des in der
Dreifaltigkeit der ersten drei Ausdehnungen
lebenden Menschen. Der Mensch ist sich
dann der sechs®Ausdehnungen bewusst. Er
weiss sie. Er weiss nicht nur von ihnen.
Er weiss in ihnen. Er hat das in ihm ruhende
sechsfache Bewusstsein befreit. Erschliessen
Kubismus und Futurismus das dreifache
Bewusstsein, so befreit der Expressionismus
das sechsfache Bewusstsein.
Nach dem Gesetz der Entsprechung ent-
spricht die vierte Ausdehnung der ersten,
die fünfte der zweiten, die sechste der
dritten Ausdehnung. Die sechste Ausdehnung
verhält sich zur dritten wie die Liebe zur
Vernunft. Die fünfte Ausdehnung verhält
sich zur zweiten wie das Vorgestellte zur
Vorstellung des Vorgestellten. Die vierte
Ausdehnung verhält sich zur ersten wie
das Gewollte zum Willen. Der Eintritt in
die vierte Ausdehnung bringt also die Er-
füllung des in der Welt des Willens Gewollten,
der Eintritt in die fünfte Ausdehnung die
Erfüllung des in der Welt der Vorstellung
Vorgestellten, der Eintritt in die sechste
Ausdehnung die Erfüllung der Gesetze: die
Liebe. Wer in der Welt der Liebekräfte
lebt, ohne die Welt der Liebe, die sechste
Ausdehnung zu achten, kann nicht bis zur
sechsten Ausdehnung vordringen. Er kann
die Schwelle zur vierten Ausdehnung über-
schreiten und wird dort die Ordnung des
Gewollten finden, aber diese Ordnung ist

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