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Nach lärigerer Abwesenheit betrat Frln. Hausmann wieder unsere
Bretter, aus denen kurz vorher ein gar sehr gefeierter Gast große Triumphe
gefeiert hatte. Aus diesem Grunde schien uns Frl. Hausmann mit eini-
gem Zagen wieder vvr das heimische Publikum zu treten, wurde aber gleich
bei ihrem Erscheinen von lautem Applaus begrüßt, der ihr zeigte, daß sie
trotz dem großen Gaste bei dem Münchener Publikum an Geltung nicht
verloren hat. Auch während des Aktes zollte man ihr laute Bewunder-
ung, und schließlich wurde sie gerufen. Möge dieß Fräulein Hausmann
als Bewcis hinnehmen, daß sie dem Publikum ftets werth und theuer blei-
ben wird, so lange fie auf der Bahn der Kunst fortschreitet.
I'.
Den 2. August: Wilhelm Tell von Schiller. Ward dieses
deutsche Dichterwerk in prophetischer Vorhersicht unserer Gegenwart ge-
schaffen und ist der Frciheitskampf der Schweiz nur eine Folie sür das,
was heute und seit zwei Jahren zunächst in Deutschland die Bruft jedes
braven Mannes durchzuckt? Man wäre fast versucht, daran zu glauben,
wüßten wir nicht, daß jene weltbewegenden Jdeen, die zunachst der deut-
schen Tragödie als würdige Vorwürse dienen, für die Geschlechter aller
Zeiten und für alle Völker giltige Urwahrheiten sind. Wie das Jndivi-
duum in dem eincn oder anderen Charakter sein sittliches Spiegelbild er-
blickt, so bietet der Conner einer wahrhaft tragischen Handlung für die
gebildete Menge eine ganze Weltanschauung, aus wclchem wieder der Mi-
krokosmus engerer Verhältnisse sich herausentwickelt. Von diesem Gesichts-
punkte aus dürfte der Eindruck einzelner Momente zu beurtheilen sein,
welche ganz wie sür unsere Zeit, ja sür den gegenwärtigcn Angenblick un -
serer deutschen Bewegung geschrieben scheinen. Wer denkt nicht an den
hsldenmüthigen Stamm unseres deutschen Norden bei Stauffacher's Worten :
„Wir wagten es, ein schwaches Volk der Hirten,
Jn Kampf zu gehen, mit dem Herrn der Wclt?
Der gute Schein nur ist's, worauf sie warten,
Um los zu lassen aufdieß arme Land
Die wilden Horden ihrer Kriegesmacht,
Darin zu schalten mit deö Siegers Rechten
Und untcrm Schein gerechter Züchtigung
Die alten Freiheitsbriefe zu vertilgen."
Aehnlichen Bezüglichkeiten begegnen wir hundertfach in dieser herrli-
chen Dichtung, gar nicht zu reden von jenen ewigen Wahrheiten, die in
Sentenzen, wie:
„Die schnellenHerrscher sin d's, diekurz regieren"
auf einer wclthistorischen Basts beruhen. 2n weffen Brust aber regt sich's
nicht bei deu Wortcn:
Nach lärigerer Abwesenheit betrat Frln. Hausmann wieder unsere
Bretter, aus denen kurz vorher ein gar sehr gefeierter Gast große Triumphe
gefeiert hatte. Aus diesem Grunde schien uns Frl. Hausmann mit eini-
gem Zagen wieder vvr das heimische Publikum zu treten, wurde aber gleich
bei ihrem Erscheinen von lautem Applaus begrüßt, der ihr zeigte, daß sie
trotz dem großen Gaste bei dem Münchener Publikum an Geltung nicht
verloren hat. Auch während des Aktes zollte man ihr laute Bewunder-
ung, und schließlich wurde sie gerufen. Möge dieß Fräulein Hausmann
als Bewcis hinnehmen, daß sie dem Publikum ftets werth und theuer blei-
ben wird, so lange fie auf der Bahn der Kunst fortschreitet.
I'.
Den 2. August: Wilhelm Tell von Schiller. Ward dieses
deutsche Dichterwerk in prophetischer Vorhersicht unserer Gegenwart ge-
schaffen und ist der Frciheitskampf der Schweiz nur eine Folie sür das,
was heute und seit zwei Jahren zunächst in Deutschland die Bruft jedes
braven Mannes durchzuckt? Man wäre fast versucht, daran zu glauben,
wüßten wir nicht, daß jene weltbewegenden Jdeen, die zunachst der deut-
schen Tragödie als würdige Vorwürse dienen, für die Geschlechter aller
Zeiten und für alle Völker giltige Urwahrheiten sind. Wie das Jndivi-
duum in dem eincn oder anderen Charakter sein sittliches Spiegelbild er-
blickt, so bietet der Conner einer wahrhaft tragischen Handlung für die
gebildete Menge eine ganze Weltanschauung, aus wclchem wieder der Mi-
krokosmus engerer Verhältnisse sich herausentwickelt. Von diesem Gesichts-
punkte aus dürfte der Eindruck einzelner Momente zu beurtheilen sein,
welche ganz wie sür unsere Zeit, ja sür den gegenwärtigcn Angenblick un -
serer deutschen Bewegung geschrieben scheinen. Wer denkt nicht an den
hsldenmüthigen Stamm unseres deutschen Norden bei Stauffacher's Worten :
„Wir wagten es, ein schwaches Volk der Hirten,
Jn Kampf zu gehen, mit dem Herrn der Wclt?
Der gute Schein nur ist's, worauf sie warten,
Um los zu lassen aufdieß arme Land
Die wilden Horden ihrer Kriegesmacht,
Darin zu schalten mit deö Siegers Rechten
Und untcrm Schein gerechter Züchtigung
Die alten Freiheitsbriefe zu vertilgen."
Aehnlichen Bezüglichkeiten begegnen wir hundertfach in dieser herrli-
chen Dichtung, gar nicht zu reden von jenen ewigen Wahrheiten, die in
Sentenzen, wie:
„Die schnellenHerrscher sin d's, diekurz regieren"
auf einer wclthistorischen Basts beruhen. 2n weffen Brust aber regt sich's
nicht bei deu Wortcn: