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ein Veiblatt
zum Münchener Punsch IH. Band.
Sonntag. 43. 27. October 1850.
Sönigliches Hos- und Raiional-ThetNer.
Sonntag, 2 0. Okt. Tell, Oper von Rosini. Wir gestehen
ein, für diese Oper, wie für so manche der Tonschöpsungen Rossini's eine
gewisse Vorliebe zu besitzen, eine Neigung die von gar vielen unbefange-
nen Kunstfreunden getheilt wird. Mit besonderer Lust traten wir in daS
Theater, im Vorgenuß der Schönheiten diescs Tonwerkes, aber ach eS
blieb beim Vorgcnuß, denn der wirkliche Genuß war kein Genuß mehrk
— Zur Sache: Vor Allem möchten wir die Theaterbesucher, welche erft
nach 2 aus 7 Uhr kommen, fragen, ob ihre Geschäfte so ungeheurer
Natur sind, daß es ihnen nicht ermöglicht wäre, nm halb siebcn Uhr, vor
Beginn der Ouvertüre, zu kvmmen? Dicses ewige Kommen, Durchschlie-
sen, Rücken und Aussperren erfüllt jeden Hörer, der um des Kunstgenus-
ses willen zur rechten Zeit in das Theater geht, mit gerechter Entrüstung;
auf den Gallerien uno in den Logen sühlt man freilich nichts von diesem
Uebelftand, der aber das Publikum in den Sperrsitzen auss höchste belä-
stigt. Es scheint fast, als ob eine Abhülse zu denUnmöglichkeitcn gehörte.
Nachdem uns der Genuß der herrlichen Zntroduktion zur Ouvertüre durch
die Nachzügler verbittert worden, wenden wir unS gleich zur Ouvertüre
selbft. Wir haben bei verschiedenen Gelegenheiten das zu schnelle Tcmpo
gctadelt; auch in Ausführung dieser Ouvertüre waltete genannter Fchler
vor; nachdem das Tempo fchon beim Beginn des Hauptthema zu schnell
genommen war, kam es im zweiten Theile dahin, daß derMittelsatz, trotz
dem Eifer unsers vortrcffiichen Orchesters, ganz verschwamm und die
ganze Ouvertüre schon vom Allegro an eine Stretta wurde. Herr Bär-
mann spielte das ursprünglich für das englische Horn geschriebene Solo
mit vielem Fleiß. Herrn Stettmayer rathen wir, statt seiner tonlosen
Flöte alten Systems sich mit einer Böhm'schen Flöte zu versehcn; in
ein Veiblatt
zum Münchener Punsch IH. Band.
Sonntag. 43. 27. October 1850.
Sönigliches Hos- und Raiional-ThetNer.
Sonntag, 2 0. Okt. Tell, Oper von Rosini. Wir gestehen
ein, für diese Oper, wie für so manche der Tonschöpsungen Rossini's eine
gewisse Vorliebe zu besitzen, eine Neigung die von gar vielen unbefange-
nen Kunstfreunden getheilt wird. Mit besonderer Lust traten wir in daS
Theater, im Vorgenuß der Schönheiten diescs Tonwerkes, aber ach eS
blieb beim Vorgcnuß, denn der wirkliche Genuß war kein Genuß mehrk
— Zur Sache: Vor Allem möchten wir die Theaterbesucher, welche erft
nach 2 aus 7 Uhr kommen, fragen, ob ihre Geschäfte so ungeheurer
Natur sind, daß es ihnen nicht ermöglicht wäre, nm halb siebcn Uhr, vor
Beginn der Ouvertüre, zu kvmmen? Dicses ewige Kommen, Durchschlie-
sen, Rücken und Aussperren erfüllt jeden Hörer, der um des Kunstgenus-
ses willen zur rechten Zeit in das Theater geht, mit gerechter Entrüstung;
auf den Gallerien uno in den Logen sühlt man freilich nichts von diesem
Uebelftand, der aber das Publikum in den Sperrsitzen auss höchste belä-
stigt. Es scheint fast, als ob eine Abhülse zu denUnmöglichkeitcn gehörte.
Nachdem uns der Genuß der herrlichen Zntroduktion zur Ouvertüre durch
die Nachzügler verbittert worden, wenden wir unS gleich zur Ouvertüre
selbft. Wir haben bei verschiedenen Gelegenheiten das zu schnelle Tcmpo
gctadelt; auch in Ausführung dieser Ouvertüre waltete genannter Fchler
vor; nachdem das Tempo fchon beim Beginn des Hauptthema zu schnell
genommen war, kam es im zweiten Theile dahin, daß derMittelsatz, trotz
dem Eifer unsers vortrcffiichen Orchesters, ganz verschwamm und die
ganze Ouvertüre schon vom Allegro an eine Stretta wurde. Herr Bär-
mann spielte das ursprünglich für das englische Horn geschriebene Solo
mit vielem Fleiß. Herrn Stettmayer rathen wir, statt seiner tonlosen
Flöte alten Systems sich mit einer Böhm'schen Flöte zu versehcn; in