Sonntag.
zum Münchener Punsch III. Band.
L.
—
15. 17. April 1850.
Sönlgliches Hof- und National-Theater.
Donnerstag 11. April (zum Erstenmale) die Zrgeunerin, romantische
Oper mit Ballet in 3 Akten nach dem Englischen von Kupelwieser. Musik
von M. W. Balfe.
Ein Ereigniß! Eine neue Oper! Jn München, wo man mtr
den geistigen Produktionen der Gegenwart so haushälterisch wirthschaftet,
damit das Publikum der Alltagskost stch ja nicht entwöhne und nach neuen
Leckerbisscn lüftern werde, in München eine neue Oper! Welch ein außer-
ordentliches Ereigniß! Zwar haben die englischen Zeitungen vor 4 Jahren
schon Balfe'S Lob in die Welt posaunt, und sast eben so lang treibt dir
Zigeuncrin sich in den meisten deutschen Städten umher. Nur nach
München hat sie sicA so lange nicht gewagt — wohl aus Furcht Vor hie-
sigen Gensdarmen! — Kein Wunder, daß ein warmer Willkomm ihr Er-
scheineu begleitete. Also eine romantische Oper! Wir begcgnen in nu-
seru Tagen gar manchem Erzeugniß, das von Poesie nackt unv ledig, seine
Blößen mit Firlefanz deckt, unv solch buntenAnzug nennen fie romantisch.
So ist denn auch das Gewand dieser Zigeunerin cin etendes Flickwerk, aus
allen erdenklichen Zigeuneriadcu zusammengestoppelt, locker, symmetrie- und
einheitslos. Ein Graf Alban, Oberrichter in Edinburg (Herr Ki n-
dermann) von einem Siege der Engläuder über die Schotten heimge-
kehrt, begrüßt wonnetrunken sein 6 jähriges Töchterchen Arline, das wäh-
rend seiner Abwesenheit allerliebst herangewachsen ist. Ein schottischer
Flüchtling Thomas (Hr. Brandes) kömmt in diese Gegend und um
vor den englischen Soldaten sich zu verbergen, mischt er sich unter die hier
umherstreisende Zigeunerbandc, hüllt sich in dcren Gewand, und schließt
mit dem Zigeunerhauptmann Dcvilshof ein Freundschaftsbündniß auf Leben
und Tod. Mittlerweile packt cin unbarmherzigerHirsch, ein Sechzehnender
die sechsjährige Arline mit seinem Geweih, schon hat er sic am Arme ver-
zum Münchener Punsch III. Band.
L.
—
15. 17. April 1850.
Sönlgliches Hof- und National-Theater.
Donnerstag 11. April (zum Erstenmale) die Zrgeunerin, romantische
Oper mit Ballet in 3 Akten nach dem Englischen von Kupelwieser. Musik
von M. W. Balfe.
Ein Ereigniß! Eine neue Oper! Jn München, wo man mtr
den geistigen Produktionen der Gegenwart so haushälterisch wirthschaftet,
damit das Publikum der Alltagskost stch ja nicht entwöhne und nach neuen
Leckerbisscn lüftern werde, in München eine neue Oper! Welch ein außer-
ordentliches Ereigniß! Zwar haben die englischen Zeitungen vor 4 Jahren
schon Balfe'S Lob in die Welt posaunt, und sast eben so lang treibt dir
Zigeuncrin sich in den meisten deutschen Städten umher. Nur nach
München hat sie sicA so lange nicht gewagt — wohl aus Furcht Vor hie-
sigen Gensdarmen! — Kein Wunder, daß ein warmer Willkomm ihr Er-
scheineu begleitete. Also eine romantische Oper! Wir begcgnen in nu-
seru Tagen gar manchem Erzeugniß, das von Poesie nackt unv ledig, seine
Blößen mit Firlefanz deckt, unv solch buntenAnzug nennen fie romantisch.
So ist denn auch das Gewand dieser Zigeunerin cin etendes Flickwerk, aus
allen erdenklichen Zigeuneriadcu zusammengestoppelt, locker, symmetrie- und
einheitslos. Ein Graf Alban, Oberrichter in Edinburg (Herr Ki n-
dermann) von einem Siege der Engläuder über die Schotten heimge-
kehrt, begrüßt wonnetrunken sein 6 jähriges Töchterchen Arline, das wäh-
rend seiner Abwesenheit allerliebst herangewachsen ist. Ein schottischer
Flüchtling Thomas (Hr. Brandes) kömmt in diese Gegend und um
vor den englischen Soldaten sich zu verbergen, mischt er sich unter die hier
umherstreisende Zigeunerbandc, hüllt sich in dcren Gewand, und schließt
mit dem Zigeunerhauptmann Dcvilshof ein Freundschaftsbündniß auf Leben
und Tod. Mittlerweile packt cin unbarmherzigerHirsch, ein Sechzehnender
die sechsjährige Arline mit seinem Geweih, schon hat er sic am Arme ver-