Theater-Pfeile (1850)

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ein Deiblatt

zum Münchener Punsch IH. Band.

Sonntag. 37*. 15. Sept. 1850.

Mönigliches Hos- und Rational-Theater.

München, 13. September. — Der Barbier von Se-
villa; Frl. Hefner die Nosina als Antrittsrolle. Wir ge-
hören weder den überschwenglichen G efühlsmenschen, die bei den ersten
gegen ihr Herz anrückenden Reizen ihren Verftand gefangen geben, noch
zu jenen kalten Rezensenten, die mit prosefforischer Ruhe das Sezirmeffer
an den zu beurtheilenden Gegenftand setzen; und haben deßhalb gestern
den Nationalkunsttempel nicht betreten, um Frl. Hesner anzustaunen und
zu fetiren oder anderseits den Maßstab einer großen Sangerin an ihre
Leistungen zu legen und daraus Tadel zu solgern. Ncin, wir opferten
unsern Abend den Musen, cinerseits weil die schon ganz abgenützten Ty-
pen der Worte Martha oder Stradella auf dem Zettel einmal einem an-
dern Namen Platz gemacht haben, anderseits um uns von den Fortschrit-
ten zu überzeugen, welche die Anfängerin Frl. Hesner unter der Leitung
des Meisters Bordogni in Paris gemacht hat. Wir hören, dieser ihr
Lehrer habe die Rolle der Rosine als ihre AntrittSrolle bestimmt, womit
wir uns nicht ganz einverstanden erklären: Das Organ der Frl. Hefner
ist Hochsopran, und die Parthie der Rosine erfordert viel eher einen Mez-
zosopran. Daher kam es, daß Frl. Hefner bcinahe jedesmal, so oft sie
intonirte (und die Jntonationen sind gerade in dieser Parthie alle der tie-
feren Stimmlage gegeben) äußerst unsicher war und erst dann ihre Stimme
Festigkeit erlangte, wenn sie, sei es in der Melodie, sei es in Fioraturen,
zur höheren Stimmlage aufstieg. Hier ist es nun am Platz, dem herrli-
chen einnehmenden Organ, sowie der damit verbundenen jugendlich srischeu
Erscheinung unsere volle Verehrung zu zollen. Zu ihrer Gesangsmethode
übergehend müssen wir bekennen, Frl. Hefner hat Viel gelernt und besitzt
viel Geschick, dieses Gelernte vorzutragen; ja noch mehr, sie hat, ohne
.Zweisel aus Anrathen ihres Meisters, gestern mit Künstlichkeit eine große