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Theater-Pfeile — 1850

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https://doi.org/10.11588/diglit.25047#0146

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L46

Menge von Verzierungen angebracht, die Gewandtheit ersordern. Vorzüg-
lich gilt dieses gleich von ihrer ersten Arie, ebenso von den am Klavier
vorgetragenen Variationen über das alte venezianische Lied „Qkr dionüilikr
ill AOllcioIottkr". Dieser Coloraturen waren aber nicht nur viel zu viel,
sondern der Vortrag richtete sich nicht im entferntesten nach den Negeln
der Vokalisation; nicht die Mundfertigkeit, d. h. das unnatürliche Hin-
und Herziehen, vann mehr oder weniger Oeffnen des Mundes, und die
dadurch berwirkte Ermöglichung, die Tonübergänge zu ermitteln, bilden das
Wesen der Vokalisation, sondern diese besteht bloß in der Kehlenfertigkeit;
der deutlichste Beweis hiefür liegt uns darin, daß das verehrte neue Mit-
glied unserer Bühne eine gebundene Skala mit gleicher Stimme nicht sin-
gen kann. Damit sei keineswegS ausgedrüclt, als könnte Frl. Hefner in
aw diesen, nun einmal zur Ausbildung einer guten Sängerin unum-
gänglich nöthigen Dingen keine Fortschritte mehr machen, aber dessen sind
wir gewiß, als engagirtes Mitglied der Bühne kann sie nicht mehr ler-
nen in dem Sinn, was wir „lernen" nennen. Wohl kann man in
Spiel und Gefühlsausdruck der Stimme durch praktische Uebung Ausbil-
dung erlangen, aber die Technik des Gesanges will in der Schule gepflegt
werden. Berechtigen auch die schönen gemüthvollen Augen der Gefeierten
zu der angenehmen Hoffnung, daß die WLrme des Gefühls in Spiel und
Gesang recht bald die Decke der Schüchternheit und Befangenheit durch-
brechen und sich in der Fülle von trefflichen Situationen, wie die Parthie
der Rosine bietet, (wir erinnern an die Szene am Klavier) zurecht finden
werde; begnügen wir uns, wie gesagt, hier mit der „AuSbildung durch
Uebung" , so müffen wir doch unsere Ansicht kurz dahin faffen: daß Frl.
Hefner den Unterricht in Paris zu kurze Zeit genossen hat. Die wärm-
sten Freunde ihrer Leistungen, und gewiß auch sie selbst wird die Demon-
strationssucht einiger Leute lächerlich sinden, die eine Züngerin, die eben
erst den Pfad, der sie zur Vollendung führen soll, antritt, schon mit
Siegeskränzen überschütten und mit Applaus bestürmen. Wir finden es
höchst ungeeignet, eine Sängerin, deren Fortschritte zu hören man gekom-
men ist, schon im voraus wie eine bewährte Koryphäe zu salutiren. Das
Gleiche gilt von dem stets unterbrech end e n Beifall, was unserer
Ansicht nach der werdenden Künstlerin nur zum Schaden gereicht; denn
welche Ehrenbezeugungen wird man erweisen, wenn sie einmal ;ene hohe
Stufe der Vollendung betreten hat, zu deren baldigen Erreichung wir ihr
alle Glück wünschen? — Von den übrigen Mitwirkenden war es zunächst
Herr Siegel, auf den sich Aller Blicke mit Wohlgefallen richteten;
sein Spiel mit unerschöpslichein Humor durchwürzend, leistete er auch im
Gesange, was in seinen Krästen stund, und bewährte sich insbesondere
wieder im Ensemble als vorzüglich. Vollen Beifall zollen wir Herrn
HLrtinger für die Trefflichkeit, mit der er seine Sortita sang; im ge-
tragenen kikmo leistete er das Lobenswürdigste, und wenn gerade hier
 
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