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Theater-Pfeile — 1850

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https://doi.org/10.11588/diglit.25047#0113

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ein Deiblatt

zum Münchener Punsch III. Band.

Sonntag. ' 29. 21. Juli 1850.

Der arlistische Polyeistaat,

oder

Hoftheater r»nd Redefreiheit.

Es ware Selbsttäuschung, wenn irgend eine Feder glauben wollte,
sie könne da, wo die Beschränktheit seit Jahren ihre Wurzeln so sehr ver-
tieft und verbreitet hat, der Vernunst zur Oberhand verhelsen. Eine Ab-
handlung unter obigem Titel kann also nur eine historische und Letrach-
tende sein, und wir hosfen, daß die nächste Generation, wenn sie Aufzeich-
nungen über die dermalige theatralische Redefreiheit durchblättert, Ursache
hat, über den ungeheuern Weg zu erstaunen, den fie zurücklegte. Man
verzeihe, wenn wir das Jahr 1848, diesen viel betretenen Standpunkt der
Zeitungsartikel und Reden, einen Augenblick auch für unseren leisen Fuß
in Anspruch nehmen. Nachdem in genanntem Schaltjahr die Zeit „eine
andere Richtung genommen hatte, als die in der Verfassungsurkunde ent-
haltene", wurde, wie sich vielleicht mancher noch erinuert, auch vollstän-
dige Preßfreiheit eingeführt; Preßfreiheit aber ist die allgemeine und jedem
Einzelnen zuerkannte Befugniß, seine Gedanken durch Schrift, Druck oder
Abbildung auszudrücken. Vielleicht wäre es besser gewesen, ftatt „Preß-
freiheit" zu setzen: Gedankenausdrückungsfreiheit, denn alsbald entstand
das seltsame Mißverständniß, daß man verschiedene Dinge schreiben und
lesen, aber nicht sagen durfte. Freilich kommt es bei dem Schreiben auf
die Person, und beim Reden auf den Ort an, und es wäre unmöglich,
eine andere als eine theilweise Preß- und Redefreiheit durchzuführen. Eö
wäre meistens ein thörichtes Verlangen, bis an die Gränzen des Mög-
lichen vordringen zu wollen, und wir dürftenfroh sein, wenn wir nur das
Gebiet des Vernünftigen und Billigen für uns hätten, und mit diesem
 
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