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Akte soll eine unvergleichliche Augenweide sein. — Also in der Sonne
selbst hat Herr Scribe dramatisches Talent entdeckt und ste zu einem
theatralischen Versuch veranlaßt, und da Mad. Birchpfeiffer bekanntlich
auch eine Ueberschwemmung für Episoden engagirt hat, so wäreu etwa
mit Ausnahme eines Erdbebens und eines FroschregenS alle Naturereig-
niffe auf der Bühne aufgetreten. — Um zur Hauptsache zu kommen, so
dürfte es den Lesern, die so glücklich sein werden, der ersten Aufführung
des Propheten beizuwohnen, und vielleicht auch den übrigen nicht unwill-
kommen zu sein, einen Ueberblick der Handlung und Szenerie zu be-
kommen, schon um durch allzu heftige Ueberraschung nicht in eine Aufre-
gung zu kommen, die ste den mustkalischen Theil überhören laffen könnte.
Jn der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts that sich vornehmlich in Sach-
sen eine Sekte hervor, welche die Taufe der Kinder, welche weder Willen
noch Bewußtsein hätten, als unstatthaft erklärte, und erst die Erwachsenen
vermittelst genannter Ceremonie in die Gemeinschaft aufgenommen wissen
wollte. Jn Zwickau machte diese Lehre besondern Effekt, wo sich nament-
lich mehrere Schneider und Tuchmacher als Apostel derselben auswarfen.
Neben dem Unterschied im Tausrituale zeichnete sich aber die Sekte durch
Politische Schwärmereien aus, predigte Gütergemeinschaft und Herstellung
des sogenannten „Reiches Gottes auf Erden", so daß die weltliche Macht
gegen diese communistisch-phantastischen Erhebungen einschreiten zu müffen
glaubte. — Nichts desto weniger entstand auch in den Niederlanden und
in Westfalen, namentlich zu Münster ein zahlreicher Anhang der Wieder-
täufer, deren Ansührer sich die Würde und den Namen von „Prophe-
t e n" beilegten. Darunter zeichneten sich besonders ein Kirschner, ein Bäcker
und ein Schneider aus Leyden, Namens Bockhold aus, der
stch später Johannes von Leyden hieß und der Held derMeyerberr'-
schen Oper ist. Scribe hat ihn aus einem ScWeider in einen G a st-
wirth verwandelt. Es gelang den Aufwieglern, sich zu Herren der
Stadt Münster zu machen, sie beredeten das Volk, alles Gold und Silber-
Geräthe zum gemeinschaftlichen Gebrauche auszuliefern,-und Bockhold ließ
sich unter dem Namen Johannes von Leyden zum König des neuen
Zion ausrusen (im Jahre 1534). — Jndeß belagerten mehrere Fürsten
im Verein mit dem Bischof von Münster die Stadt, und machten der Herr-
schaft der Wiedertäufer im Juni 1535 durch die Einnahme von Münster
ein Ende. — Dieß die geschichtliche Grundlage, auf welchem Scribe den
schmuckvollen Bau seines Opernbuches ausführte. Die Handlung vertheilt
sich folgender Massen.
Erster Akt.
Derselbe spielt bei Dordrecht, in Holland an der Maas, auf dem
Gute eines Grasen von Oberthal. Drei Wiedertäufer: Jonas, Zacharias
und Mathiesen (Brandes, Allfeld, Pellegrini) durchstreifen das Land mit
dem Gesange: „Itorum nä snlutnrös uuän«, näuos iuuomlu«vomlut'
Akte soll eine unvergleichliche Augenweide sein. — Also in der Sonne
selbst hat Herr Scribe dramatisches Talent entdeckt und ste zu einem
theatralischen Versuch veranlaßt, und da Mad. Birchpfeiffer bekanntlich
auch eine Ueberschwemmung für Episoden engagirt hat, so wäreu etwa
mit Ausnahme eines Erdbebens und eines FroschregenS alle Naturereig-
niffe auf der Bühne aufgetreten. — Um zur Hauptsache zu kommen, so
dürfte es den Lesern, die so glücklich sein werden, der ersten Aufführung
des Propheten beizuwohnen, und vielleicht auch den übrigen nicht unwill-
kommen zu sein, einen Ueberblick der Handlung und Szenerie zu be-
kommen, schon um durch allzu heftige Ueberraschung nicht in eine Aufre-
gung zu kommen, die ste den mustkalischen Theil überhören laffen könnte.
Jn der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts that sich vornehmlich in Sach-
sen eine Sekte hervor, welche die Taufe der Kinder, welche weder Willen
noch Bewußtsein hätten, als unstatthaft erklärte, und erst die Erwachsenen
vermittelst genannter Ceremonie in die Gemeinschaft aufgenommen wissen
wollte. Jn Zwickau machte diese Lehre besondern Effekt, wo sich nament-
lich mehrere Schneider und Tuchmacher als Apostel derselben auswarfen.
Neben dem Unterschied im Tausrituale zeichnete sich aber die Sekte durch
Politische Schwärmereien aus, predigte Gütergemeinschaft und Herstellung
des sogenannten „Reiches Gottes auf Erden", so daß die weltliche Macht
gegen diese communistisch-phantastischen Erhebungen einschreiten zu müffen
glaubte. — Nichts desto weniger entstand auch in den Niederlanden und
in Westfalen, namentlich zu Münster ein zahlreicher Anhang der Wieder-
täufer, deren Ansührer sich die Würde und den Namen von „Prophe-
t e n" beilegten. Darunter zeichneten sich besonders ein Kirschner, ein Bäcker
und ein Schneider aus Leyden, Namens Bockhold aus, der
stch später Johannes von Leyden hieß und der Held derMeyerberr'-
schen Oper ist. Scribe hat ihn aus einem ScWeider in einen G a st-
wirth verwandelt. Es gelang den Aufwieglern, sich zu Herren der
Stadt Münster zu machen, sie beredeten das Volk, alles Gold und Silber-
Geräthe zum gemeinschaftlichen Gebrauche auszuliefern,-und Bockhold ließ
sich unter dem Namen Johannes von Leyden zum König des neuen
Zion ausrusen (im Jahre 1534). — Jndeß belagerten mehrere Fürsten
im Verein mit dem Bischof von Münster die Stadt, und machten der Herr-
schaft der Wiedertäufer im Juni 1535 durch die Einnahme von Münster
ein Ende. — Dieß die geschichtliche Grundlage, auf welchem Scribe den
schmuckvollen Bau seines Opernbuches ausführte. Die Handlung vertheilt
sich folgender Massen.
Erster Akt.
Derselbe spielt bei Dordrecht, in Holland an der Maas, auf dem
Gute eines Grasen von Oberthal. Drei Wiedertäufer: Jonas, Zacharias
und Mathiesen (Brandes, Allfeld, Pellegrini) durchstreifen das Land mit
dem Gesange: „Itorum nä snlutnrös uuän«, näuos iuuomlu«vomlut'