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Zachariae, Theodor
Kleine Schriften zur indischen Philologie, zur vergleichenden Literaturgeschichte, zur vergleichenden Volkskunde — Bonn, Leipzig, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.50105#0097

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Die Aufgabe, Stricke aus Sand zu winden. 83
10. Die Aufgabe, Stricke aus Sand zu winden.
(Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 17, 461 — 62. 1907.)
Herr Professor A. Wünsche macht mich darauf aufmerksam,
daß die Sandstrickaufgabe auch in einer hessischen Sage bei
J. W. Wolf, Hessische Sagen (1S53) Nr. 130, S. 88 vorkommt. Die
Sage selbst ist wiedergegeben von A. Wünsche in seinem Buche:
Der Sagenkreis vom geprellten Teufel, Leipzig und Wien 1905, S. 50.
Zu einem hessischen Bauer, dessen Gehöft abgebrannt war, und der
kein Geld hatte, es wieder aufzubauen, kam einst der Teufel als
grüner Jäger und versprach, ihm zu dienen, wenn er stets Arbeit
für ihn habe, sei dies aber nicht der Fall, so sei er sein. Der Bauer
ging auf den Vertrag ein, denn er dachte, Arbeit will ich schon
immer für ihn haben. Zuerst trug er ihm auf, das abgebrannte
Haus wieder aufzubauen, doch das war schon am nächsten Morgen
fertig. Dann mußte er ihm die Äcker pflügen und eggen, doch
auch diese Arbeit war in einem Tage getan. Hierauf befahl er ihm,
eine Straße bis zur Stadt zu bauen, was ebenfalls nur einen Tag
in Anspruch nahm. Jetzt trat dem Bauer der Angstschweiß auf
die Stirn, denn er sah ein, daß er sehr leichtsinnig gehandelt hatte.
Als seine Frau ihn so trübselig und finster umherschleichen sah,
fragte sie ihn, was ihm denn fehle und warum er nicht zufrieden
sei. Der Bauer erzählte ihr, was vorgefallen war und daß er nicht
mehr lange zu leben habe, da der Teufel jede ihm aufgetragene
Arbeit sehr schnell fertig bringe. Da lachte die Frau und sprach:
Da ist leicht zu helfen. Sie gab ihm einen so guten Rat, daß er
wieder ganz heiter wurde. Als der Teufel am nächsten Tage hohn-
lachend seine Arbeit forderte, führte ihn der Bauer zu einem Sand-
buckel nahe bei seinem Hause und sprach zu ihm: Das Seil am
Brunnen ist faul, drehe mir aus dem Sand ein Seil, das
meinen Kindeskindern noch aushält! Kaum hatte der Teufel
den neuen Auftrag vernommen, so fuhr er wütend auf und sagte:
Das hat dir ein anderer geraten, der klüger ist als du. Damit ver-
schwand er, während ihn der Bauer herzlich auslachte.
In der Anmerkung zu dieser Sage (s. Hessische Sagen S. 199)
erinnert J. W. Wolf an die Sage von Michael Scott und seinen
Teufelsgesellen, denen er nie genug Arbeit geben konnte, bis er
ihnen endlich befahl: ‘Geht und windet mir Seile, welche
mich auf den Mond bringen und macht sie aus Mühlen-
schlamm und Meersand.’ Das verschaffte ihm Ruhe, und wenn
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