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Zachariae, Theodor
Kleine Schriften zur indischen Philologie, zur vergleichenden Literaturgeschichte, zur vergleichenden Volkskunde — Bonn, Leipzig, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.50105#0319

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Ein salomonisches Urteil.

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verschiedensten Völkern der Erde in großer Anzahl entwickelt haben.
Hierher zieht Post z. B. auch die weitverbreitete Prozedur zur Ent-
deckung des Mörders eines Erschlagenen, die ',Totenbefragung'
oder das ,B ahrgericht', d. h. also die erste unter den ,Blut-
proben', die Lilek, a. a. 0., S. 469, aufgeführt hat.

38. Ein salomonisches Urteil.
(Gesta Romanorum nr. 196.)
(Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 25, 314 — 326. 1915.)
In den Gesta Romanorum nr. 262 Oesterley (= nr. 54 Dick)
lesen wir von einem römischen Kaiser Valerius, der sehr reich
und freigebig war. Er hatte drei Söhne und unzählige Sklaven.
Die Sklaven lohnte er so reichlich, daß er seine Besitzungen, sein
Gold und sein Silber an sie verschenkte. Schließlich blieb für ihn
und seine Erben nur ein wunderbarer Baum übrig: alle Kranken
— die Aussätzigen ausgenommen —, die von den Früchten dieses
Baumes aßen, erlangten ihre Gesundheit wieder. Als aber der Kaiser
starb, vermachte er den Baum seinen drei Söhnen. Von diesen
erhielt der Jüngste den Baum durch einen Urteilsspruch.
Über den Urteilsspruch selbst erfahren wir nichts Näheres;
wir erfahren nicht, ob sich die drei Söhne etwa um den Besitz des
Baumes stritten und warum der Baum gerade dem jüngsten Sohne,
als dem rechtmäßigen Erben, zugesprochen wurde. Wohl aber er-
fahren wir das in einer volleren, übrigens in der Einleitung etwas
abweichenden Form der eben mitgeteilten Erzählung: Gesta nr. 196
Oesterley (nr. 146 Dick: Gesta Romanorum, das ist der Römer Tat, hsg.
von A. Keller 1841 S. 50ff.; Gesta Romanorum deutsch von Grässe 2,
147; The early English versions of the Gesta Romanorum ed..Herrtage
1879 S. 431 ff.). In Rom regierte der Kaiser Ezechias1); der hatte
drei Söhne, die ihm sehr lieb waren. Er führte ein silbernes Schild
1) Ezechias (= Hiskia) Oesterley S. 608; Oehozyas (= Ahasja) Dick
S. 92. Die Form dieser Namen schwankt in den von Oesterley S. Off. analy-
sierten Handschriften außerordentlich. Ich verzeichne die Varianten Athisias,
Azias, Echias, Othosias, Echozias, Ochezias, Achoysas, Athoyfas, Chay fas, Thosias,
Chosias, Kosias, Kostes. In der anglo-lateinischen Rezension der Gesta lautet
der Name des Kaisers: Anselmus (Oesterley S. 186ff.; vgl. Herrtage S. 431).
Auffällig ist die Namensform Josias bei Grässe 2, 147. Die Grimmsche Hand-
schrift der deutschen Gesta in Berlin, der Grässe folgt, bietet nach Oesterley
S. 228, 10 die Form Kosias, nicht Josias. Hat Grässe willkürlich geändert, hat
er mit Absicht an die Stelle des unbekannten Kosias den Namen des bekannten
jüdischen Königs Josias gesetzt? Wie der Kaiser von Rom in den Gesta nr. 196,
Z ach ar iae, Kl. Schriften. 20
 
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