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Zachariae, Theodor
Kleine Schriften zur indischen Philologie, zur vergleichenden Literaturgeschichte, zur vergleichenden Volkskunde — Bonn, Leipzig, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.50105#0350

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336

Auf einem Fell niedersitzen.

ein Verschluß im Hause das Sterben eines Kranken verzögern
(E. H. Meyer, Mythologie der Germanen 1903 S. 73).
Seinen Artikel über das Niederlegen eines Sterbenden
auf die Erde schließt Weinhold, oben 11, 221 mit dem Satze:
„Ein eigentümliches Mißverständnis hat den Brauch im Vogtlande,
wo er bis ins 19. Jahrhundert bekannt war, verändert: wenn einem
Sterbenden der Tod schwer wurde, stieg jemand auf den Hausboden
und drehte eine Schindel im Dache um. An die Stelle des
Fußbodens der Stube ward hier der Dachboden gesetzt und dann
ein Sympathiemittel für Erreichung des Zwecks erfunden (Witzschel,
Sagen, Sitten und Gebräuche in Thüringen, S. 261. Wien 1878)“. —
Mit dieser Auffassung wird man sich schwerlich einverstanden er-
klären können.

44. Auf einem Fell niedersitzen.
(Archiv für Religionswissenschaft 15, 635 — 638. 1912.)
W. Kroll hat im Beiheft zum VIII. Bande dieses Archivs (1905)
S. 39 folgenden von Lucian überlieferten skytIrischen Brauch er-
wähnt. Wenn ein Skythe ein Kriegsbündnis schließen wollte,
so schlachtete er ein Bind und briet das Fleisch; das Fell breitete
er auf dem Boden aus und setzte sich darauf. Dann traten
seine Freunde hinzu, nahmen von dem Fleisch, setzten den rechten
Fuß auf das Fell und gelobten ihre Hilfe.
Das Ausbreiten eines Felles und das Niedersitzen darauf kommt,
wie Kroll selbst S. 38 gezeigt hat, auch sonst vor.1 Besonders nahe
aber steht dem skythischen Brauche, was beim Abschluß von Bluts-
brüderschaften in Ostafrika üblich ist. Ein Rindsfell wird her-
beigebracht und unter Rezitation feierlicher Formeln auf dem Boden
ausgebreitet. Die Krieger, die den Blutbund schließen wollen —
immer ein Paar —, setzen sich auf diesem Fell einander gegen-
über. Kurz handelt hierüber J. Kohler in der Zeitschrift für ver-
gleichende Rechtswissenschaft XV, 1902, S. 40; mit dankenswerter
Ausführlichkeit hat J. Raum den afrikanischen Brauch dargestellt
in seinem Aufsatze über die Blut- und Speichelbünde bei den
Wadschagga in diesem Archiv X, 1907, S. 2 7 7 ff., 290. Hierher
gehört nun auch ein wenig bekannter indischer, insonderheit
1) Siehe auch Grimm, Deutsche Rechtsaltertümer, vierte Auflage I,
221 fg.; II, 557.
 
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