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Zachariae, Theodor
Kleine Schriften zur indischen Philologie, zur vergleichenden Literaturgeschichte, zur vergleichenden Volkskunde — Bonn, Leipzig, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.50105#0351

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Auf einem Fell niedersitzen.

337

kaschmirischer Brauch.1 Da es an Handbüchern mangelt, aus denen
man sich bequem über diesen Brauch unterrichten könnte, so dürfte
ein Mitteilung darüber vielleicht willkommen sein.
Unter den neun Gottesurteilen, die in den indischen Rechts-
büchern aufgezählt werden, steht an fünfter Stelle die Weihwasser-
probe, kosa.2 Man badet ein Götterbild im Wasser und gibt dem
Beschuldigten davon zu trinken; als Schuldbeweis gilt es, wenn
ihm oder seinen nächsten Verwandten innerhalb einer gewissen
Frist, höchstens drei Wochen, ein Unglück zustößt (J. Jolly, Recht
und Sitte, Straßburg 1896, S. 145). Nach den von Jolly, S. 146,
zitierten einheimischen Rechtsquellen gilt das Weihwasserordal, als
das leichteste von allen, u. a. auch als geeignet zur Zerstreuung
von Verdacht, besonders von vermuteter Unterschlagung bei einer
Erbteilung, oder zur Gewinnung von Vertrauen bei einer
erst beabsichtigten Transaktion. In dieser zweiten Geltung
erscheint nun der Kosa in der kaschmirischen Literatur, namentlich
in der großen Chronik von Kaschmir, in der Räjatarangini des
Kalhana. Der Kosa ist aber hier nicht eigentlich ein Gottesgericht,
sondern ein Eidschwur.3 Der Kosa-Eid wird geschworen, oder,
das Eidwasser wird getrunken, wenn sich Feinde versöhnen und
sich für die Zukunft zu gegenseitiger Treue verpflichten, besonders
aber, wenn Personen zu einem bestimmten Zweck ein Bündnis
eingehen wollen, also z. B. bei Verschwörungen.4 Einer, der
1) Ich bin nicht der erste, der den skythischen und den indischen Brauch
miteinander vergleicht. Bereits Troyer hat in seiner jetzt veralteten Ausgabe der
Räjatarangini zu der weiter unten zitierten Stelle Räjat. V, 325 (= 326 ed. Stein)
bemerkt: Nous rencontrons ici un usage pratique en formant un engagement, usage
qui nous parait plutot scythe que hindu.
2) Wie kosa zu der Bedeutung ,Weihwasser1 gekommen ist, ist nicht klar.
Nach Böhtlingk im Sanskritwörterbuch ,vielleicht daher so (kosa) benannt, weil
das Weihwasser, in welchem, bevor davon getrunken ward, Götter gebadet wurden,
in einem Eimer enthalten war1. (Das Wort kosa bedeutet, vorzugsweise in der
älteren Sprache, ,Behälter, Gefäß, Eimer1.) Auch E. Scblagintweit, Die Gottes-
urteile der Indier, München 1866, S. 30, weiß keine andere Erklärung.
3) ,Zwischen Eiden und Ordalien besteht nur ein Grad-, kein Artunter-
schied, daher die Bezeichnung divya , Gottesurteil‘ auch die Eide umfassen kann
und mit sapatha , Eid1 auch die Gottesurteile bezeichnet werden1; J. Jolly a. a. 0.,
S. 144, § 52. Vgl. A. H. Post, Grundriß der ethnologischen Jurisprudenz II, 478.
489. Rudolf Hirzel, Der Eid, S. 210f.
4) Siehe M. A. Stein in seiner englischen Übersetzung von Kalhanas Räja-
tarangini, Westminster 1900, Bd. I, S. 225, wo man alles, was sich aus Kalhanas
Werk über den Kosa-Ritus gewinnen läßt, zusammengestellt findet. Übrigens be-
Zachariae, Kl. Schrifteii. 22
 
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