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Zachariae, Theodor
Kleine Schriften zur indischen Philologie, zur vergleichenden Literaturgeschichte, zur vergleichenden Volkskunde — Bonn, Leipzig, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.50105#0320

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306

Ein salomonisches Urteil.

mit fünf roten Kosen.1 Dieser Kaiser führte beständig Krieg wider
den König von Ägypten, wodurch all sein Hab und Gut aufgezehrt
wurde, bis auf einen Baum von wunderbarer Heilkraft. Einst
wurde er in einer Schlacht, die er dem König von Ägypten lieferte,
tödlich verwundet, und als er sein Ende herannahen fühlte, da
berief er seinen Erstgeborenen zu sich und vermachte ihm von
jenem Baume alles, was. unter der Erde und darüber, ‘quod est
sub terra et supra‘. Darauf vermachte er dem zweiten Sohne von
dem Baume die Länge, die Breite und die Tiefe2; dem jüngsten
Sohne endlich vermachte er alles, was an dem Baume trocken und
feucht (dürr und grün), , omne illud, quod est siccum et humidumh
Nach dem Tode des Vaters erhob jeder von den drei Söhnen An-
spruch auf den ganzen Baum. Der Jüngste aber bat, Zank und
Streit zu unterlassen, und riet, die Angelegenheit einem in der Nähe
wohnenden König3 vorzutragen und sich seinem Urteil zu unter-
werfen. Der Rat gefiel den Brüdern wohl. Und so gingen sie alle
hin zu dem König und legten ihm die Sache dar. Da sandte der
König nach einem Bader; der mußte den ältesten der Brüder am
so hatte auch Josias, König von Juda, drei Söhne (nach der besten Über-
lieferung; doch vgl. 1. Chronica 3, 15); und ebenso wie der Kaiser der Gesta im
Kampfe wider einen König Ägyptens tödlich verwundet wird, so fiel Josias in
der Schlacht bei Megiddo, die er dem Pharao Necho lieferte (2. Könige 23, 29f.;
2. Chrom 35, 20ff.).
■ 1) Diese Bemerkung über das Wappenschild des Kaisers fehlt bei Oesterley,
Keller und Grasse, sie steht aber bei Dick und in der anglo-lateinischen Rezension
der Gesta, s. Oesterley S. 192. 195 und vgl. Herrtage S. 431: Ancelme, whiche
bare in his armes a shelde of syluer, with fyue reed rosys.
2) Longum, latum et profundum (Dick); omne quod erat in altitudine et
in summitate (Oesterley).
3) Eamus ad regem qui est prope nos, Oesterley S. 608. Bei Dick S. 93
wird der König als ein in der Nähe wohnender Rex rationis bezeichnet (Herrtage
p. 432: kynge of reason); wohl s. v. a. Gerichtsherr, Schiedsrichter. Dr. A. Hilka
verweist mich auf ratio = ius, causa, iudicium; rationis consules = iudices; rationem
dicere = causam dicere bei Ducange s. v. ratio; ferner auf die Ausdrücke Auxilium
Egencium oder Miserorum, womit in der Disciplina clericalis (p. 25, 12. 26, 11.
27, 1 ed. Hilka und Söderbjelih) ein weiser Richter bezeichnet wird. (Auxilium
miserorum heißt ein kluger Ratgeber bei Etienne de Bourbon, Anecdotes histori-
ques nr. 86.) Beide Ausdrücke, rex rationis und auxilium miserorum. sind augen-
scheinlich Ausdrücke orientalischen Ursprungs und letzten Endes nichts anderes
als Bezeichnungen oder Beinamen des-weisen Salomo. Der .philosophus, qui
cognominabatur Auxilium egencium1 in der Erzählung ,Ölfässer1 Disc, clericalis
25, 12 heiße geradezu Salomo in einer Novelle des Sercambi bei R. Köhler,
Kleinere Schriften 2, 601.
 
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