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Zachariae, Theodor
Kleine Schriften zur indischen Philologie, zur vergleichenden Literaturgeschichte, zur vergleichenden Volkskunde — Bonn, Leipzig, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.50105#0255

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Durchkriechen als Mittel zur Erleichterung der Geburt.

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wollen1 (Petri della Valle Reiss-Beschreibung, Genff 1674, Dritter
Teil, S. 207b).
Man wolle nicht übersehen, daß Della Valle ausdrücklich be-
merkt, er habe die von ihm geschilderte abergläubische Handlung-
mehr als einmal beobachtet.
Den Aberglauben, von dem Della Valle berichtet, findet man
auch bei dem Holländer 0. Dapper, der ums Jahr 1680 eine Be-
schreibung des Königreichs Persien ‘ aus unterschiedlichen alten und
neuen Land- und Reisebeschreibungen zusammengetragen hat. Der
Autor zitiert seine Quellen entweder gar nicht oder nur ganz un-
genau. Das Buch erschien deutsch in Nürnberg 1681. Hier lesen
wir auf Seite 89:
,Wann die Weiber in Kindes-Nöthen arbeiten/und nicht bald
können erlöset werden / so lauffen die Freunde und Nachtbarn zur
Schule / geben dem Molla oder Schulmeister eine Verehrung / dass
er die Knaben / welche etwas verbrochen / und zur Straffe sollten
gezogen werden / damit verschonet oder los gegeben werden / und
dass sie nach Hause gehen mögen. Dann sie meinen / dass daher
die Gebährerin auch ihrer Banden desto eher sollte befreyet werden.1
Eine andere Weise / geschwind und ohne Schmerzen zu ge-
bähren / ist bey den Persianern gebräuchlich / dass sie nemlich
dreymahl unter den Bauch eines Kamehls durchkriechen.
Eben der Ursach halben machen sie auch ihre gefangene
Vögel frey / ja kauften sie von dem Vogelfänger / und lassen sie
wieder in die Lufft streichen. Dieses thun sie auch / wann etwau
jemand in den letzten Zügen lieget / und weder sterben noch ge-
nesen kan.‘2
Sehr nahe steht dem persischen Aberglauben bei Della Valle
und 0. Dapper der arabische Aberglaube, von dem der englische
Reisende Baker (Nilzuflüsse in Abyssinien 1, 251) erzählt. Ara-
bische Frauen, die sich in interessanten Umständen befinden, sollen
einem recht starken Kameel zwischen Vorder- und Hinterbeinen
1) Dies stammt aus der Persiamschen Reise-Beschreibung des Adam
Olearius, Buch V, Capittel 22 (in der Ausgabe von 1696, Seite 319f.). Man
vergleiche zu diesem Aberglauben etwa Liebrecht, Zur Volkskunde S. 322; Frazer,
The golden bough2 1, 392ff.; W. Caland, Altindisches Zauberritual, Amsterdam
1900, S. 108, Anm. 3.
2) Ebenfalls aus Olearius (a. a. 0., S. 320). Dieser Autor fügt noch
hinzu: ,Solche Befreyung der Vögel geschiehet auch bey den Russen zur Zeit
ihrer Beichte / in Hoffnung / daß GOtt sie auch also von ihren Sünden aufflösen
und frey machen soll1.
Zachari ae, Kl. Schriften. 16
 
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