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Zachariae, Theodor
Kleine Schriften zur indischen Philologie, zur vergleichenden Literaturgeschichte, zur vergleichenden Volkskunde — Bonn, Leipzig, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.50105#0306

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292

Scheingeburt.

Verstorbenen hindurch. Aus dem Spruch1, den der Vollzieher‘ oder
,Verrichtet der Bestattungszeremonien dabei sprechen muß, geht
klar hervor, daß mit dem Durchkriechen durch den Bogen eine
Reinigung bezweckt wird.
Einen Ritus, der dem indischen ziemlich genau entspricht,
der auch, gerade wie der indische, nach einem Leichenbegängnis
vorgenommen wird, linden wir bei den Mongolen (Tartaren).
Bei den Mongolen vollzieht sich die Reinigung im allgemeinen
mittels des Hindurchschreitens oder Hindurchtragens zwischen
zwei Feuern. Notwendig ist diese Reinigung in den verschiedensten
Fällen. Wenn z. B. Gesandte zu einem Khan kommen, so müssen
sie, ehe sie bei ihm vorgelassen werden, durch zwei Feuer gehen.
Ebenso müssen die Geschenke, die sie mitbringen, durch zwei Feuer
getragen werden.2 Besonders wichtig aber ist die Reinigung nach
einem Todesfälle. Und da genügen die beiden Feuer .nicht. Um
den Zauber zu verdoppeln, ‘to make assurance doubly sure’, wie
Frazer bei der Besprechung eines ähnlichen Brauches sagt (Golden
bough 3, 402), werden zwei Spieße neben die Feuer gestellt, und
die Spitzen dieser Spieße werden mit einem Seil verbunden.
Zwischen diesen zwei Feuern und unter dem Seile gehen die zu
reinigenden Menschen, Tiere und Zelte hindurch. Und wie die
indischen Zauberhandlungen immer von Sprüchen begleitet werden:
so steht hier auf jeder Seite ein Weib, das Wasser sprengt3 und
Sprüche hersagt.
Die einzige Quelle, die ich für diesen mongolischen Ritus
kenne, ist die Historia Mongalorum (,quos nos Tartaros appellamus‘)
des Franziskaners Johannes de Flano Carpini. In Kap. 3, § 4
1) Vgl. den Spruch bei Caland S. 73. ,M.an beachte Calands Bemerkung
zu diesem Spruch auf S. 75, Anm. 278.
2) Job. de Plano Carpini ed. D’Avezac p. 231: TJt breviter dicam, per
ignem credunt omnia purificari: unde quando nuncii veniunt ad eos, vel principes,
vel personae quaecunque, oportet ipsos et munera quae portant per duos ignes
transire, ut purificentur, ne forte veneficia fecerint et venenum vel aliquid
mali portaverint. Vgl. S. 225. 229. 348. Wilhelm von Rubruck (Rubruquis) bei
Purohas, Pilgrimes 3, 42 (1625): They (their Soothsayers) make all things which
are sent to the Court passe betweene fires, and they haue a due portion thereof.
They also purge all the houshold - stuff e of the De ad, drawing them betweene
the fires. — The Voiage and Travaile of Sir John Maundeville ed. by Halliwell
1839 p. 249. Frazer, The golden bough 1, 308.
3) Vgl. Sartori, Das Wasser im Totengebrauche, oben 18, 353—378; nament-
lich S. 368 ff.
 
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