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Zeitschrift für christliche Kunst — 5.1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.4357#0025

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31

1802. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

32

Labroderie duXIesieclejusqu'ä nosjours,
par M. Louis de Farcy, deren erste Lieferung hier
(Bd. III, Sp. 230/231) bereits eingehend besprochen
wurde, liegt nunmehr als ein gewalliger Grofsfolio-
Band von 137 Seiten Text und 180 Lichtdrucktafeln
(zu dem mäfsigen Preise von 100 fr. durch M. Bel-
homme in Angers zu beziehen) vollendet vor, ein wahr-
haft monumentales Werk, welches seinem hochgebore-
nen, auf dem Gebiete der kirchlichen Kunst durch
zahlreiche Veröffentlichungen und praktische Veran-
staltungen hochverdienten Verfasser zur höchsten Ehre
gereicht. Leber ein bis dahin arg vernachlässigtes und
doch so wichtiges Gebiet wird hier vielfaches Licht
verbreitet nicht blofs im Sinne trockener historischer
Untersuchung, sondern vornehmlich zum Zwecke frischer
praktischer Verwerthung. Gerade diesem Zwecke dient
besonders das kostbare Illustrationsmaterial, welches
der Verfasser mit bewunderungswürdiger Sachkenntnifs,
Betriebsamkeit und Opferwilligkeit von allen Seiten,
zumeist aus Frankreich und Deutschland, zusammen-
getragen und zu einem so grofsartigen Lehrbilde zu-
sammengestellt hat, dafs es alles auf diesem Gebiete
Vorhandene an Gediegenheit und Vollkommenheit weit
überragt. Von den durchweg sehr guten, die Gegen-
stände in grofsen, klaren Abbildungen vorführenden
Lichtdrucktafeln sind 35 dem Texte eingereiht als un-
mittelbare Erläuterungen der bezüglichen Erörterungen,
die vorwiegend den bekanntlich sehr mannigfaltigen
und komplizirlen Techniken gewidmet sind. Die an-
deren den Anhang bildenden 145 Tafeln stellen sich als
eine vollständige Entwickelungsgeschichte der Stickerei
dar, als ein ungemein instruktives Nachschlagewerk,
welches aus den einzelnen Jahrhunderten und Ländern
die besten und interessantesten Proben vorlegt, eine
wahre Fundgrube für den Archäologen, mag er Kunst-
historiker, Liturgiker, Ikonograph sein, wie für den
Künstler und die Stickerin, ein unentbehrliches Hülfs-
mittel für Jeden, der auf diesem Gebiete ernsten Stu-
dien sich widmen will. Die drei ersten Kapitel be-
schäftigen sich, wie bereits früher angegeben, sehr
eingehend mit der Begriffsbestimmung, Technik, den
verschiedenen Arten der Stickerei. Das vierte Kapitel
ist einer sehr gründlichen Studie über die Verbindung
der Malerei und der Goldschmiedekunst mit der Stickerei
gewidmet, also einer geschichtlich und praktisch gleich
wichtigen Untersuchung. Das fünfte Kapitel forscht
nach den Namen und Arbeiten der bewährtesten Sticker
in den einzelnen Jahrhunderten. Das sechste Kapitel
macht auf Grund sorgfältigster Studien und feinster
Empfindung mit der den einzelnen Stilepochen eigen-
thümlichen Dekorationsweise bekannt, das siebente
Kapitel mit den alten und neuen Stickereien, die auf
den Allerthümer- und Industrie-Ausstellungen unseres
Jahrhunderts in die Erscheinung getreten sind. Das
achte Kapitel endlich enthält eine genaue, daher sehr
instruktive Beschreibung und Erklärung der einzelnen
Tafeln, der dem Texte eingebundenen, wie der ihm
sich anschliefsenden. Sorgfältige Register bieten alle
Erleichterungen für den Gebrauch des umfassenden
Werkes, welches auch ganz besonders geeignet ist, der
eines neuen Aufschwunges so bedürftigen kirchlichen
Stickerei zu Hülfe zu kommen, daher den bezüglichen

Künstlern und Vereinen aufs
pfohlen zu werden verdient.

angelegentlichste em-
S.

Modeies de broderies genre moyen-age. Recueil
trimestriel. Societe de St. Augustin ä Bruges et ä Lille.
Prix de l'abonnement 8 fr. par an.
Diese seit 1889 in vier handlichen Jahresheften er-
scheinende Zeilschrift hat sich die erhabene und höchst
zeitgemäfse Aufgabe gestellt, die Stickerei im Sinne
des Mittelalters, namentlich der gothischen Periode, zu
reformiren, und Allen, die sich mit ihr, sei es geschäfts-
und berufsmäfsig, sei es aus Liebhaberei und dilettan-
tisch beschäftigen, also den Künstlern und ihren Werk-
stätten, den Lehrern und ihren Schulen, den Familien
und ihren Töchtern, den Klöstern und ihren Schwestern
mit gut gezeichneten, stilistisch korrekten, liturgisch
zuverlässigen Mustern zu Hülfe zu kommen. Es darf
ihr das Zeugnifs ausgestellt werden, dafs sie diese
schwierige Aufgabe bis jetzt in vortrefflicher Weise ge-
löst hat. Jedes Heft enthält mehrere farbige Tafeln und
von den in kleinerem Mafsstabe ausgeführten auch die
direkte auf die Arbeit zu übertragenden (mit 1 fr. pro
Jahr berechneten) Patronen in natürlicher Gröfse. — Die
vier ersten, 40 Tafeln umfassenden Hefte bringen nur
Muster zu Leinenstickereien, die für den kirchlichen
Gebrauch komponirt und leicht ausführbar sind. —
Die 10 Farbendruktafeln der fünf folgenden Hefte liefern
rein ornamental behandelte, auch für minder Geüble
nicht zu schwierige Entwürfe zu Kasein, Dalmatiken,
Chormänteln. In den vier weiteren Heften wechseln
chromolithographische Vorlagen zu profanen Ausstat-
tungsgegenständen, wie Vorhänge, Borten, Kissen mit
liturgischen Gebrauchsobjekten wie Paramente, Fahnen
u. s. w. ab. Dafs diese Abwechslung auch für die
folgenden Serien mafsgebend sein soll, ist gewifs zu
begrüfsen, denn die Ausstattung des Wohnhauses, in-
soweit es sich um mittelalterliche Muster handelt, ist
der Reform fast noch bedürftiger, als diejenige des
Gotteshauses, und begegnet um so gröfseren Schwierig-
keiten, als für sie die alten Vorbilder noch spärlicher
erhalten sind. Zahlreich sind diese allerdings auch für
kirchliche Zwecke nicht, wenn sie einfach gehalten sein
sollen, also geometrisch oder vegetabilisch gemustert
(unter Verzicht auf figürliche Darstellungen). Dafs die
vorliegende Zeitschrift gerade solche bietet ist ein
grofser Vorzug, nicht minder, dafs in Bezug auf die
Farbenanwendung die zuverlässigsten Angaben vor-
liegen. Diese würden, auch auf die Technik der ein-
zelnen Sticharbeiten ausgedehnt, an Brauchbarkeit noch
gewinnen. — In dieser Beziehung können die von Frau
Frieda Lipperheide in Berlin sehr zahlreich herausge-
gebenen, in unserer Zeitschrift wiederholt besprochenen
Vorlagen, welche die sorgfältigsten Anweisungen über
das Material, dessen Bezugsquellen und Behandlung
enthalten, als geradezu mustergültig bezeichnet werden.
Ihnen ist in Deutschland der entschiedene Fortschrilt
auf dem Gebiete der profanen Stickkunst im Sinne
richtiger Auffassung, korrekter Zeichnung und Durch-
führung ganz vornehmlich zu danken. Für die Kirche
würden sie von viel gröfserem Nutzen sein, wenn sie
nicht allzusehr auf Muster aus dem XVI. bis XVIII.
Jahrh. beschränkt gelllieben wären. g.
 
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