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1892. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.
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stellt. Ueber diese Kirche sind genauere Mit-
theilungen nicht erhalten. Sie wurde, als im
Jahre 1803 mit der Aufhebung der Abtei Sieg-
burg die Propsteikirche ihrer bisherigen Bestim-
mung als Klosterkirche entzogen und" der Ge-
meinde als Pfarrkirche überwiesen war, als ent-
behrlich abgebrochen und das Terrain derselben
zur Vergröfserung des Kirchhofes benutzt. Aufser
Fundämentresten, welche beim Aufwerfen von
Gräbern zu Tage kamen, hat sich nichts erhal-
ten, was über ihre einstige Form Kunde geben
könnte. Da die Klosterkirche besonders nach
derlnkorporation na-
turgemäfs vorwiegend
besucht wurde, ein
sonstiger Grund zu
einer Vergröfserung
oder einem Umbau
der Pfarrkirche auch
nicht bekannt ist, so
ist anzunehmen, dafs
dieselbe in ihrem ur-
sprünglichen Zustand
auf unser Jahrhundert
gekommen ist. Sie
lag nördlich neben
der Propsteikirche.16)
Die Erbauung der
Propsteikirche ist nicht
so fest datiert, wie die
abgebrochene Pfarr-
kirche. AufGrund der
mitgetheilten Urkun-
den kann aber als
feststehend betrachtet
werden, dafs der erste
Bau in die Zeit zwi-
schen 10ü(> und 1121 fällt. Er liegt nach 10GG,
weil die Propstei, welche als Filialstiftung von
Siegburg ausgegangen ist, nicht älter als dieses
sein kann, er liegt vor 1121, weil in diesem
Jahre schon ein Propst —ßracpositus de Plcysa
— vorhanden ist. Aus der ganzen- Sachlage,
wie sie in jener Urkunde von 1121 zu Tage
15) Dafs Klosterkirche und Pfarrkirche unmittelbar
nebeneinander lagen, kommt häufig vor; vollständig er-
haltene Anlagen sind allerdings selten, weil bei der Auf-
hebung der Klöster die eine Kirche entbehrlich und ab-
gebrochen wurde: ein Schicksal, welches meist die Pfarr-
kirche traf, indem die gewöhnlich bedeutsameren Kloster-
kirchen für den Pfarrgottesdienst übernommen wurden.
Eine Anlage gleicher Art befand sich in dem Ober-
pleis benachbarten Benediktinerinnenklostcr Vilich.
Fig. II. Ansicht von Nordost.
tritt, kann aber der weitere Schlufs gezogen
werden, dafs die Klosterniederlassimg um diese
Zeit schon vollständig organisiert war, ihre Grün-
dung somit immerhin noch einige Jahrzehnte,
also in das XI. Jahrh. zurückreichen wird. Wenn
man hiernach die Erbauung der ersten Kloster-
kirche von Oberpleis in den Ausgang des XL
Jahrh. verlegen kann, so sprechen hierfür in dem
vorhandenen Baubestande auch eine Reihe von
Bautheilen, welche auf jene Zeitperiode hinweisen.
Die Kunstforscher haben der Kirche von
Oberpleis bislang nur geringe Beachtung zu
Theil werden lassen.
Wo sie, wie in Otte's
»Grundzügen«, in
Lotz' »Kunsttopo-
graphie« Erwähnung
findet, beschränkt sich
dieselbe auf ihre ein-
fache Namhaftmach-
ung als romanische
Klosterkirche. Im
Jahre 1887 habe ich
dieselbe auf Grund
einer von mir vorge-
nommenen Aufnahme
im Florentillsverein
zu Münster einer Be-
sprechung unterzo-
gen, deren Ergebnisse
in einem Referate im
»Westf. Merkur« (No.
36) mitgetheilt sind.
Die geplanten und
zum Theil schon aus-
geführten Wiederher-
stellungsarbeiten der
Kirche, zu deren Kosten seitens der Provinzial-
verwaltung ein namhafterBeitrag geleistet worden
ist, haben den mit der Restauration der Kirche
betrauten Baumeister Wiethase zur Ausarbeitung
einer kleinen, für die Mitglieder des Provinzial-
Landtags bestimmten Druckschrift veranlafst. Ab-
gesehen davon, dafs diese einem bestimmten
Zwecke gewidmete und dementsprechend abge-
fafste Schrift für eine weitere Verbreitung naturge-
mäfs nicht bestimmt war, werden auch die wenigen
beigefügten, die Restauration erläuternden Abbil-
dungen der Bedeutung der Kirche nicht gerecht:
eine eingehendere Würdigung des Baudenkmals ist
deshalb noch immer durchaus am Platze. (F. folgt.)
Freiburg (Schw.). W. Effmann.
1892. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.
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stellt. Ueber diese Kirche sind genauere Mit-
theilungen nicht erhalten. Sie wurde, als im
Jahre 1803 mit der Aufhebung der Abtei Sieg-
burg die Propsteikirche ihrer bisherigen Bestim-
mung als Klosterkirche entzogen und" der Ge-
meinde als Pfarrkirche überwiesen war, als ent-
behrlich abgebrochen und das Terrain derselben
zur Vergröfserung des Kirchhofes benutzt. Aufser
Fundämentresten, welche beim Aufwerfen von
Gräbern zu Tage kamen, hat sich nichts erhal-
ten, was über ihre einstige Form Kunde geben
könnte. Da die Klosterkirche besonders nach
derlnkorporation na-
turgemäfs vorwiegend
besucht wurde, ein
sonstiger Grund zu
einer Vergröfserung
oder einem Umbau
der Pfarrkirche auch
nicht bekannt ist, so
ist anzunehmen, dafs
dieselbe in ihrem ur-
sprünglichen Zustand
auf unser Jahrhundert
gekommen ist. Sie
lag nördlich neben
der Propsteikirche.16)
Die Erbauung der
Propsteikirche ist nicht
so fest datiert, wie die
abgebrochene Pfarr-
kirche. AufGrund der
mitgetheilten Urkun-
den kann aber als
feststehend betrachtet
werden, dafs der erste
Bau in die Zeit zwi-
schen 10ü(> und 1121 fällt. Er liegt nach 10GG,
weil die Propstei, welche als Filialstiftung von
Siegburg ausgegangen ist, nicht älter als dieses
sein kann, er liegt vor 1121, weil in diesem
Jahre schon ein Propst —ßracpositus de Plcysa
— vorhanden ist. Aus der ganzen- Sachlage,
wie sie in jener Urkunde von 1121 zu Tage
15) Dafs Klosterkirche und Pfarrkirche unmittelbar
nebeneinander lagen, kommt häufig vor; vollständig er-
haltene Anlagen sind allerdings selten, weil bei der Auf-
hebung der Klöster die eine Kirche entbehrlich und ab-
gebrochen wurde: ein Schicksal, welches meist die Pfarr-
kirche traf, indem die gewöhnlich bedeutsameren Kloster-
kirchen für den Pfarrgottesdienst übernommen wurden.
Eine Anlage gleicher Art befand sich in dem Ober-
pleis benachbarten Benediktinerinnenklostcr Vilich.
Fig. II. Ansicht von Nordost.
tritt, kann aber der weitere Schlufs gezogen
werden, dafs die Klosterniederlassimg um diese
Zeit schon vollständig organisiert war, ihre Grün-
dung somit immerhin noch einige Jahrzehnte,
also in das XI. Jahrh. zurückreichen wird. Wenn
man hiernach die Erbauung der ersten Kloster-
kirche von Oberpleis in den Ausgang des XL
Jahrh. verlegen kann, so sprechen hierfür in dem
vorhandenen Baubestande auch eine Reihe von
Bautheilen, welche auf jene Zeitperiode hinweisen.
Die Kunstforscher haben der Kirche von
Oberpleis bislang nur geringe Beachtung zu
Theil werden lassen.
Wo sie, wie in Otte's
»Grundzügen«, in
Lotz' »Kunsttopo-
graphie« Erwähnung
findet, beschränkt sich
dieselbe auf ihre ein-
fache Namhaftmach-
ung als romanische
Klosterkirche. Im
Jahre 1887 habe ich
dieselbe auf Grund
einer von mir vorge-
nommenen Aufnahme
im Florentillsverein
zu Münster einer Be-
sprechung unterzo-
gen, deren Ergebnisse
in einem Referate im
»Westf. Merkur« (No.
36) mitgetheilt sind.
Die geplanten und
zum Theil schon aus-
geführten Wiederher-
stellungsarbeiten der
Kirche, zu deren Kosten seitens der Provinzial-
verwaltung ein namhafterBeitrag geleistet worden
ist, haben den mit der Restauration der Kirche
betrauten Baumeister Wiethase zur Ausarbeitung
einer kleinen, für die Mitglieder des Provinzial-
Landtags bestimmten Druckschrift veranlafst. Ab-
gesehen davon, dafs diese einem bestimmten
Zwecke gewidmete und dementsprechend abge-
fafste Schrift für eine weitere Verbreitung naturge-
mäfs nicht bestimmt war, werden auch die wenigen
beigefügten, die Restauration erläuternden Abbil-
dungen der Bedeutung der Kirche nicht gerecht:
eine eingehendere Würdigung des Baudenkmals ist
deshalb noch immer durchaus am Platze. (F. folgt.)
Freiburg (Schw.). W. Effmann.