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Zeitschrift für christliche Kunst — 5.1892

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Effmann, Wilhelm: Die Propsteikirche zu Oberpleis, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4357#0082

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119

1892. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

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das Nordschiff eine seiner Gewölbetheilung ent-
sprechende Anordnung der Fenster. Dieselben
haben gothisches Mafswerk, mit Ausnahme des
östlichen, welches noch in seiner alten Form
erhalten ist; diese ist der zeichnerischen Re-
konstruktion zu Grunde gelegt worden.

Vielleicht gleichzeitig mit diesem Umbau
wird auch eine Höherlegung des Fufsbodens im
Langhause stattgefunden haben. Durch Nach-
grabungen ist ermittelt worden, dafs der alte
Fufsboden 0,83 m unter dem jetzigen
hat. Es ist dabei zu-

elegen

gleich festgestellt wor-
den, dafs die Pfeiler
keine Sockel besafsen.
Die Seitenschiffwände
entbehren im Aeufse-
ren jedes architekto-
nischen Schmuckes; die
Strebepfeiler der Nord-
seite (vgl. Fig. 2) sind
späteren Ursprunges
und zweifellos zugleich
mit den Gewölben des
Nordschiffes angelegt.
Ein Traufbrett vertritt
die Stelle des G esimses.
Um so reicher sind
dafür die Hochwände
ausgebildet. Die Nord-
seite (vgl. Fig. 6) zeigt
unter dem mit Säge-
schnitt versehenen
Hauptgesims einen
kleeblattförmigen
Bogenfries, der die
Fenster bis zur halben
Höhe umrahmt und
an beiden Enden von
je zwei Wandsäulen gefafst wird. Reicher noch
ist die Südseite. Hier ist (vgl. Fig. 7) die Hoch-
wand durch eine vollständige Säulenstellung
gegliedert und belebt. Einfacher sind die Giebel-
seiten des Querschiffes. Ueber einem hohen, noch
vom alten Bau herrührenden Sockel schlicht
emporsteigend erhalten dieselben ihren Haupt-
schmuck durch ein grofses Rosettenfenster, wäh-
rend das Giebeldreieck durch drei flachrunde,
mit einem Rundstab umrahmte Blendnischen
belebt wird. Diese Giebelanordnung hat sich
indes nur auf der Nordseite erhalten; auf der
Rückseite ist sie durch ein Walmdach verdrängt

Fig. 9. Restaurirte Ansicht der Kirche des XIII. Jahrh.,
von Nordost gesehen.

Die reiche Thurmanlage im Osten der Kirche,
wie sie in den Fig. 6, 7, 9 u. 10 wiederherzustellen
versucht worden ist, mufs schon seit längerer
in Wegfall gekommen sein; von ihrem ehe-
maligen Bestehen hat sich beim Volke auch
nicht einmal eine Erinnerung erhalten. Das-
selbe unterliegt indes gleichwohl keinem Zweifel.
Die Umfassungswände des Vierungsthurmes sind
noch jetzt oberhalb des Gewölbes erhalten, sie
zeigen eine Mauerstärke von 1 m. Der Thurm
war in seinem Aufbau achteckig gestaltet: vier
Durchgangsöffnungen
in den dem Chor, dem
Langhause, sowie den
Querschiffarmen zuge-
wandten Achteckseiten
vermittelten die Ver-
bindung mit den ver-
schiedenen Theilen des
Dachbodens.

Von den beiden Flan-
kirthürmen ist nur der
südliche und auch die-
ser nur in seinem unte-
ren Theile auf uns ge-
kommen. Der Nord-
thurm ist ganz ver-
schwunden, er war
durch eine schräglau-
fende Mauer ersetzt
worden (vgl. Fig. 2),
wobei indes die An-
sätze der äufseren Ni-
schen erhalten geblie-
ben sind; das Vorhan-
dene reichte jedoch für
die zeichnerische Re-
konstruktion in den
Hauptpunkten aus. Der

Untertheil der Thürme zeigte keinerlei architek-
tonische Verzierung, völlig schlicht steigt der
Stapel bis zum Gesimse empor, welches sich, um
etwa 72 m unter dem Gesimse der Kirche liegend,
nur auf der Siidseite und auch dort nur an
einem an das Querschiff anstofsenden Steine
erhalten hat. Von dem Abschlufs, den die Chor-
thürme des ersten Baues gehabt haben, sind
Spuren nicht erhalten; selbst von den Aufbauten
des XIII. Jahrh. sind, da auch beim Südthurme
der obere Aufsatz weggebrochen ist, nur noch
geringe Reste erhalten. Sie finden sich auf dem
Dachboden und lassen erkennen, dafs die Chor-
 
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