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Zeitschrift für christliche Kunst — 5.1892

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293

1892. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 9.

294

alterlichen Bau- und Kunstdenkmäler in Magdeburg«
zu verdanken sind, die Meisterwerke der deutschen
Bildnerei des Mittelalters in grofsen scharfen Abbil-
dungen herauszugeben, kann nicht warm genug be-
griifst werden, denn für das Dunkel, welches die Ent-
wicklungsgeschichte der heimischen Plastik leider
immer noch umgiebt, ist nicht zum geringsten Theile
der Mangel an zuverlässigen Photographien verant-
wortlich zu machen, deren in der Regel aufsergewöhn-
lichen Schwierigkeiten unterliegende Gewinnung bislang
vielfach hierauf gar nicht eingeschulten Porträtphoto-
graphen überlassen war. Nur die treuesten Abbildungen
ermöglichen die Vergleichung, ohne welche nun einmal
die Wissenschaft zu keinen festen Resultaten gelangen
kann, und auch für die Praxis, d. h. für die im Banne der
mittelalterlichen Gebilde schaffenden Künstler, sind jene
ganz unentbehrlich. Der Unternehmer dieses Werkes
sollle daher mit Bestimmtheit auf einen Absatz rechnen
dürfen, der seinen Mühen und Opfern entspricht, zu-
mal für den begleitenden Text ein Kunstschriftsteller
gewonnen ist, dessen eingehende Studien über die nord-
italienische Plastik des Mittelalters die beifälligste Auf-
nahme gefunden haben. — Das in Aussicht genommene
Werk hätte glänzender nicht eröffnet werden können,
als durch die berühmten Bildwerke des Naumburger
Domes, welche auf 20 Grofsfolio-Lichtdrucktafeln in
über jedes Lob erhabenen Abbildungen vorgeführt
werden. Einige derselben stellen die Originale von
zwei verschiedenen Seiten dar und die dadurch für
deren Beurtheilung gewonnenen Gesichtspunkte sind
von ganz überraschender Bedeutung. Der Naturalismus,
der die gleich nach der Mitte des XIII. Jahrh. ent-
standenen, an den Pfeilern stehenden 12 Fürstenfiguren,
die Kreuzgruppe und Reliefs am Lettner auszeichnet,
ist so auffallend, die Bewegung so eigenartig, die Ge-
wandung so mannigfaltig, der Ausdruck so fesselnd,
dafs man sofort nach den Einflüssen fragt, unter denen
sie entstanden sein mögen. In dieser Beziehung ist auf
die Bamberger, wie auf die französische Schule hin-
gewiesen worden. Der Verfasser dürfte aber das Richtige
treffen, wenn er sie als die höchste Entwickelungsstufe
der sächsischen Plastik ansieht, vielmehr als die letzten
Ausläufer des romanischen, denn als die ersten Be-
thätigungen des gothischen Stiles. Vielleicht hat der
für die damalige Zeit immerhin etwas aufsergewöhn-
liche Umstand, dafs es sich um die Darstellung welt-
licher Standbilder handelte, diese Freiheit in der Be-
handlung und diesen engen Anschlufs an die Natur
mitverursacht. Einer späteren Zeit gehört nur die
merkwürdige als Evangelienpult verwendete Diakonfigur
an (zu der sich ein aus dem Dom vor. Bardowiek und
dem Ende des XV. Jahrh. stammendes, weniger vor-
nehmes, aber auch sehr interessantes Seitenstück im
Museum zu Herrenhausen bei Hannover befindet). Der
Verfasser hat gewifs Recht, wenn er sie nicht als
romanisch gelten lassen, zweifellos aber Unrecht,
wenn er sie als spätgothisch beglaubigen will. Falten-
und Haarbehandlung, namentlich aber die Blätterkon-
sole, auf welcher der Pultdeckel ruht, lassen an der
Entstehung in der zweiten Hälfte des XIV. Jahrh.
keinen Zweifel. — Möge die Fortsetzung des ungemein
zeitgemäfsen Werkes nicht lange auf sich warten lassen!
___________ H.

»Handbücher der Königl. Museen zu Berlin«. Kunst-
gewerbe-Museum, Gold und Silber von
Julius Lessing. Berlin 1892, W. Spemann.
Ein kleines, weil nur 150 Seiten umfassendes, aber
überaus inhalt- und lehrreiches Buch, welches an die
reichen Edelmetallschätze des Berliner Kunstgewerbe-
Museums eine ebenso vielseitige und eingehende, als
klare und gemeinverständliche Unterweisung über das
Gold, Silber und Kupfer knüpft, über deren Eigen-
schaften wie über die daraus im Laufe der Geschichte
hergestellten Kunsterzeugr.isse. Da bei diesem Ueber-
blick nicht nur die in der Berliner Sammlung vorhandenen
Gegenstände, von denen viele in kleinen aber guten
Textillustrationen vorgeführt werden, berücksichtigt sind,
sondern auch anderswo befindliche, besonders charak-
teristische Objekte, manche sogar unter Beifügung ihrer
Abbildungen, so kann das Handbuchlein unbedenklich
als ein vollständiger Kursus für diesen so wichtigen
glanzvollen Kunstzweig bezeichnet werden. Die Ab-
schnitte über,,DieBearbeitung",,,DasFärben", „Schmelz-
arbeit. Email" machen mit den mannigfachen, hier zur
Geltung kommenden Techniken in einer ebenso an-
schaulichen als knappen Weise bekannt und legen von
der Vertrautheit des Verfassers mit diesen zum Theil
sehr schwierigen Verfahren ein glänzendes Zeugnifs ab.
Nur in Bezug auf „Die Ziervergoldung" und „Die
Malerei unter Glas" wäre eine bestimmtere F'assung
erwünscht. Bei der Vorführung der „Arbeiten in ge-
schichtlicher Folge" findet „Das Alterthum" hinreichende
Berücksichtigung, viel eingehendere natürlich „Das Mittel-
alter" (welches nebenbei bemerkt, keine „Abendmahls-
kannen", wohl aber Mefskännchen kennt), in seinen
fünf grofsen Stilepochen, deren bedeutendste die Gothik
ist, daher auch umfänglichere Behandlung erfahren hat,
unter besonderer Betonung des viel spärlicher erhal-
tenen Profangeräths. Der Löwenantheil fällt natürlich
der Renaissance zu, die das weltliche Geräth in den
Vordergrund gezogen und gerade im letzten Jahrzehnt
in Bezug auf „Orte und Meister" erfolgreiche Unter-
suchungen erfahren hat. Die sorgsame Aufzeichnung
und Verwerthung, welche die letzteren hier gefunden
haben, erhöhen noch erheblich den Werth dieser fieifsigen
Studie. Die Leistungen der Barock-, Rokoko- und Neu-
zeit werden verhältnifsmäfsig kurz abgemacht und auch
in der Uebersicht über die Stätten der Arbeit fehlt es
selbst in Bezug auf unser Jahrhundert nicht an Lücken.
—■ Dafs der Verfasser sein umfassendes, nicht nur aus
Büchern geschöpftes, sondern in langjähriger, weithin
ausgedehnter Forschung, vornehmlich den Objekten ab-
gewonnenes, daher eigenartiges Wissen durch dieses
ungemein instruktive, Jedem zugängliche Werkchen zum
Gemeingut gemacht hat, verdient dankbarste Aner-
kennung, denn wenn etwas geeignet ist, die Kunst-
kenntnis zu popularisiren, dann sind es solche Hand-
bücher. Schnütgen.

Die in dieser Zeitschrift wiederholt (Bd. III Sp. 230
und Bd. IV Sp. 134) hervorgehobenen „Motive" von
Max Heiden liegen nunmehr in 30 Doppelheften mit
300 Tafeln vollendet vor; ein grofsartig angelegtes,
eminent praktisches Werk, welches auf allen Gebieten
kunstgewerblichen Schaffens sehr viel Nutzen zu stiften
vermag. Denn es bietet in durchaus korrekten und
 
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