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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Schnütgen, Alexander: Sechs kölnische Figuren kurz vor und nach 1400
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0035

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Abhandlungen.

Sechs kölnische Figuren kurz vor
und nach 1400.

^Mit 6 Abbildungen (auf Tafel I
und II) nebst Textillustration.

werden die im vorigen Hefte
Tafel I abgebildeten drei
kölnischen Standfiguren
(von Marmor, bzw.
Stein) mit dem zu den
beiden ersten gehörigen,
im Texte erscheinenden
Marmorkopf, sowie die
hier auf Tafel II (nach Auf-
nahmen Stoedtners) wieder-
gegebenen drei kölnischen
Holzmadonnen beschrie-
ben. — Zunächst handelt
es sich um die beiden, je
38' /2 cm hohen Marmor-
figuren 1 und 2, die von der
1770 ihrer figuralen Um-
kleidung der Rückseite und
der beiden Schmalseiten
entledigten Hochaltar-
Mensa des Kölner Domes
stammen, einer Stiftung
des Erzbischofs Wilhelm
von Gennep (1349—1362).
Sie ergänzen den Bestand
(von der im Dom als
Schmuck der Vorderseite
noch erhaltenen Gruppe
mit den 12 Apostelstatuen
und von den im Laufe
der Zeit dem Wallraf-
Richartz-Museum einver-
leibten 3 Gruppen mit 14 Statuetten) auf 28
Standfiguren, so daß noch 4 fehlen.

Abb. 1; auf der Versteigerung Garthe 1877
von mir erworben, stellt einen Propheten
dar, dessen Marmor allmählich eine glänzend
wirkende Patinahaut erlangt, an Haar, Bart
und Buch erhebliche Überreste der ursprüng-
lichen partiellen Vergoldung bewahrt hat. Die
etwas gedrungene Gestalt, die lange Schleif-
falte der Mitte, die flachen Stoßfalten der
Seite, noch mehr die gedrehten Bartlocken
und der dicke flache Schädel sprechen für
den kölnischen Ursprung im vollendeten Sinne.

Marmorkopf, kölnisch, um 1350
(Sammlung Scbnütgen.)

Abb. 2, auf der Kunstauktion von Niese-
wand vor etwa 20 Jahren von mir erstanden,
gehört zur Dreikönigengruppe, die aus
der Mittelszene und den beiden sie flankieren-
den Statuetten besteht. Die etwas schlankere
Gestaltung, die komplizierte Draperie mit
dem Parallelgefält, die feinere Haarbehandlung,
die geschlitzten Augen weisen auf eine zartere
Hand hin, die noch einigermaßen unter dem
Einfluß^der französischen Plastik stand. Das
ziborienartige Gefäß zeigt Anklänge an die
Metalltechnik, besonders an die Glas- und
Edesteinfassungen. — Auch
für diese Figur darf die
Entstehung in Köln gleich
nach 1350 mit Bestimmt-
heit angenommen werden.
Demselben Kreise ge-
hört der hier abgebildete
17 ««hohe Marmor köpf
an, der vor kurzem im
Abbruchsgemäuer eines
spätgotischen kölnischen
Hauses an der Ecke unter
Goldschmied gefunden
wurde. Kopf-, Augen-
und Haarbildung zeigt sehr
viel Verwandtschaft mit
Abb. 2 und die noch sehr
deutlichen Vergoldungs-
spuren des Haares sind
identisch mit denen bei
Abb. 1, so daß auf einen
gewissen Zusammenhang
mit der Domplastik ge-
schlossen werden darf, die
auch im XIV. Jahrh. als Marmorschöpfung,
wenigstens in Norddeutschland, ziemlich ver-
einzelt erscheint, wie die ganze Altarum-
kleidung in dieser Zeit kaum ihres Gleichen
hatte. —

Abb. 3, Standfigur der hl. Helena, 103 cm
hoch, (mit neuer Metallkrone) aus dem Nach-
laß des Malers Michael Welter stammend,
trägt auf der Hand die Nachbildung der
St. Gereonskirche. Die edle Bewegung und
knappe Faltung, die etwas breite Schulterung
und weiche Schleierhülle erinnern sofort an
das St. Petersportal des Kölner Domes, welches
 
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