Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

DOI Artikel:
Oidtmann, Heinrich: Die Glasgemälde des Obergadens im Hochchor des Kölner Domes, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0080

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
107

1909. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nt. 4.

108

unterordnete, dieses Lob würde man noch
vor wenigen Jahren dem Meister für eine doch
selbstverständliche Einteilung sicherlich nicht
vorenthalten haben.

Die sechs unteren Reihen sind dem Figür-
lichen eingeräumt, die weiteren sieben nebst
den Spitzen der Musterverglasung, die
sich mutmaßlich im Laufgang wiederholte,
bevor man sie, im Jahr 1776, behufs Erzielung
größerer Helligkeit entfernte. Nur das im
ganzen Mittelschiff sichtbare Hauptfenster
ist zweifellos wegen seines bevorzugten Stand-
ortes in der Anordnung abweichend behandelt
worden. Der Blick des Beschauers haftet zu-
nächst auf dem Bilde mit der Anbetung
der heiligen drei Könige. Die architek-
tonische Umrahmung dieser lebendigen Gruppe
stimmt in den Grundzügen mit den übrigen
überein, ebenso die wagerechte Scheidung von
der oberen Fensterhälfte. Oberhalb der
trennenden Querleiste jedoch beginnt ein
Teppich in Grün, Rot und Gelb, kleine Mosaik-
arbeit, als Unterlage für die von weiß-, rot-
weißem Bande eingefaßten, blaugrundigen
Achtpässe, die mit ihren Spitzen aneinander-
stoßen; sie umrahmen die Brustbilder von
achtzehn Ahnen der heiligen Jungfrau, Könige
mit Szepter und bekreuztem Reichsapfel, so-
wie Propheten mit Bandrollen. In den Spitzen
verwandeln sich die Medaillons in geschmack-
volle Dreipässe, aus denen links zwei grau-
bärtige Propheten mit emporsteigenden Spruch-
bändern, rechts zwei Könige mit senkrecht
gehaltenen Szeptern, alle in verjüngtem Maß-
stabe, hervorschauen. Bei diesen Gestalten
hat der Zeichner eine lebhafte, fast übertriebene
Geberdensprache beliebt. Sinnbildliche Be-
deutung ist in den Zwickeln des Maßwerkes
niedergelegt, ein Bild des Himmelszeltes, eine
rote Sonne, ein gelber Mond und Sterne
auf Blau. Die große Rosette, durch zier-
liches Stabwerk in einen Fünfpaß untergeteilt,
zeigt inmitten mehrfarbigen Mosaiks auf
blauer Scheibe den Schild der Grafen von
Virneburg.

Aus dem bunten Farbenspiel dieses Glas-
mosaiks klingt, wie bei so vielen deutschen
Glasgemälden der Frühzeit, sozusagen ein
hervorstechendes Merkmal derselben, das
Grün heraus, doch ohne sich allzusehr auf-
zudrängen. Der figürliche Teil zeigt die
Mängel, die auch bei dengroßen Einzelgestalten
nicht wegzuleugnen sind. Jedenfalls aber stehen

sie in Wirklichkeit hoch über den bisher be-
kannten bildlichen Wiedergaben.

Die riesigen Königsgestalten, die in
einer Körperhöhe von 2,20 bis 2,25 m die
Seitenfenster schmücken, wurden, obschon sie
die biblische Zahl im Stammbaum Jesse über-
steigen, als jüdische Könige angesprochen,
weshalb die (in der Regel goldene, selten rote)
Weltkugel „selbstverständlich ohne Kreuz" ge-
blieben sei; letztere Behauptung widerspricht
meinem Befund; mehrfach ist ja das Kreuz
vom Quereisen verdeckt, meist ist aber der
Reichsapfel bekreuzt, sogar bei den Vorfahren
der heiligen Magd im Mitteifenster. Gleichsam
als fürstliche Ehrenwache umstehen die acht-
undvierzig Herrscher das göttliche Kind, offen-
bar um die hehre Würde des Heilandes als
eines Königs der Könige anzudeuten.

Gleich den Figuren der vorgotischen Glas-
gemälde tragen diese Gestalten unverkennbar
echt deutsches Gepräge; deutsch ist die
Farbe, deutsch der Schnitt des Haares. Die
bartlosen Köpfe der jugendlichen Könige sind
von hellgelbem Lockenhaar umrahmt, dessen
Fülle den Umrissen des Hauptes eine gefällige
Form verleiht; über der Stirn zu kurzem
Büschel abgeschnitten, fällt das Haar sonst in
dichten Strähnen bis zur Höhe des Unter-
kieferwinkels und ist hier in breiter Rolle nach
innen umgebogen. Diese Haarwulste, die
eine Kopfbreite von :-i8 cm bedingen, verdecken
die Ohren und helfen dadurch dem Maler über
eine zeichnerische Schwierigkeit bequem hin-
weg. Der Ausdruck der glatten Gesichter ist
ruhig und bestimmt.

Die bärtigen Vertreter des reiferen Mannes-
alters haben bei gleicher Haartracht zart ge-
wellten oder locker gelockten runden Voll-
bart von dunkelgelber Färbung; auch bei
ihnen ist das Blond der Deutschen wieder-
gegeben, während man anderwärts vielfach
dunkles Haar in tiefem Blau oder Blauviolett
vorfindet.

Das Grau der Greise ist durch ein wässeriges,
helles Blaugrau dargestellt; bei diesen Alten
begegnet uns eine andere Bartform, die be-
sonders bei einem König der Nordreihe auf-
fällt. Sämtliche Köpfe wechseln, sofern sie
nicht irrtümlich vertauscht sind, in regelmäßiger
Reihenfolge; nur in zwei Fenstern ist die
ursprüngliche Ordnung gestört.11)

") U.. graubärtig, sonst bartlos; IV. alle bartlos.
 
Annotationen