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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Braun, Joseph: Mittelalterliche Paramente zu Neustift bei Brixen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0082

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111

1909. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. '•

112

Mittelalterliche Paramente zu Neustift bei Brixen.

(Mit 4 Abbildungen.)

ine dem Studium der Jesuiten-
kirchen der ehemaligen ober-
deutschen Ordensprovinz gewid-

Fulter, ein derbes blaues Leinen, dürfte aus
der Zeit stammen, da die Kasel ihre jetzige
Gestalt erhielt, d. i. aus dem Ausgang des Mittel-

mete Reise führte mich im Laufe i alters oder dem Beginn des XVI. Jahrh., bei
des letzten Herbstes auch nach Trient. Bei welcher Gelegenheit auch der ursprüngliche
einem Besuch in Brixen, den ich bei dieser Kopfdurchlaß zu seiner heutigen Form und
Gelegenheit machte, teilte mir Herr Professor Weite erbreitert wurde. Als Verzierung weist
und Bibliothekar Dr. Ludescher mit, daß im das Gewand auf dem Rücken ein geradarmiges
Augustinerchorherren- ^_ Kreuz, auf der Vorder-

stift Neustift, das etwa
eine halbe Stunde von
Brixen entfernt ist,
noch alte Paramente
aus dem Mittelalter
aufbewahrt würden und
nicht bloß das, er hatte
auch die große Liebens-
würdigkeit, mich nach
Neustift zu begleiten
und von Herrn Dekan
Leopold Wallnöfer die
Erlaubnis zu einer Be-
sichtigung und Unter-
suchung der Gegen-
stände zu erwirken, von
denen einer in einem
Reliquienkästchen ein-
geschlossen und in
Hüllen fest eingenäht
war.1) Es waren vier
Gewänder, eine Kasel,
ein Pluviale, eine Mitra
und ein Chorrock, alles
sehr beachtenswerte
Stücke.

Die Kasel besteht
aus einem schweren
hochgelben Seidenköper. Sie ist leider sehr
stark an den Seiten beschnitten; von ihrer
Länge hat sie dagegen wohl kaum etwas oder
doch nur wenig eingebüßt. Während sie
nämlich 1,35 m lang ist, mißt sie über den
Schultern nur noch 0,56 m und auf dem Rücken
in die Breite bloß noch ],08 m. Ursprünglich
hatte sie, wie die Ausschnitte über den Armen
und an der Vorderseite sowie der Fadenlauf
des Stoffes erkennen lassen, Glockenform. Das

Abb. 1.

') Sowohl dem hochw. Herrn Dekan Wallnüfer
wie Herrn Prof. Dr. Ludescher spreche ich auch hier
für die mir bewiesene Güle herzlichen Dank aus.

seite einen Stab auf.
Wie die Bildung des
Kreuzes zeigt, kam es
ebenfalls erst bei Aus-
gang des Mittelalters auf
die Kasel, oder es wur-
den doch damals erst
auf der Rückseite die
Querarme angebracht.
Denn der Vertikalbesatz
auf der Rückseite und
der Vorderseite könnte
ursprünglich sein. Jeden-
falls ist die schwere,
10 V2 cm breite Borte,
aus welcher der Besatz
besteht weit älter, und
wie Material und Orna-
mentierung bekunden,
eine Schöpfung des XII.
Jahrh. Jetzt leider sehr
beschädigt, war sie
ursprünglich ein präch-
tiges Stück. Sie be-
steht aus roter Seide,
ist mit farbiger Seide
und echtem, d. i. mit
reiner Goldlahn ange-
fertigtem Gold durchschossen und setzt sich
aus drei Streifen zusammen. Der breite
mittlere weist auf geometrisch gemustertem
Fond zwei elegante, symmetrisch zueinander
verlaufende Ranken auf, in deren Voluten
Löwen, Greife, Vögel und andere phanta-
stische Tiergestalten angebracht sind. Die
schmalen seitlichen Streifen, welche die mittlere
begrenzen, enthalten in bestimmten Abständen
außer Tierfiguren auch kleine stilisierte vege-
tabilische Motive, Ranken und Bäumchen.
Das Pluviale ist aus dem gleichen schweren
gelben Seidenköper gemacht, aus welchem die
 
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