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1909. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.
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Kabine hantierte und wirtschaftete die emsige
Mutter und Schiffsfrau. Da wurde gekocht
und gewaschen und Wäsche aufgehängt. Alle
denkbaren Gefäße wurden über Bord entleert.
Die Kinder spielten herum; das Kleinste lag
schreiend auf der Mutter Schoß und bekam
frische Windeln. Auf dem kleinsten Quadrat-
raum spielte sich die ganze Szene ab. Der
Anhängekahn
wurde von der
männlichen Be-
völkerung als W.
C. in Anspruch
genommen, wo-
bei ältere Zu-
schauer sich einer
drastischen Be-
schreibungin Don
Quichot's Walk-
mühlenabenteuer
mögen erinnert
haben.
Als in späterer
Zeit die Herren
Archivare die
literarische Be-
deutung unseres
Hauses entdeck-
ten, da veranlaß-
ten sie eine Inter-
essenten - Ver-
sammlung und in
dieser wurde be-
schlossen, mit Er-
laubnis des Haus-
herrn eine Büste
des berühmten
früheren Bewoh-
ners Pieter Corne-
liszoon Hooft
über der Haustür
einzusetzen. Als
das Werk vollbracht
Abb. 6. Haus in Nijkerk.
blickend noch die ursprünglichen „Möer und
Kinderbalken" geschaut habe. Armer Hooft,
seine Büstenherrlichkeit hat nicht lange an-
gehalten. Krankenbrüder haben das alte Haus
gekauft und niedergelegt — leider kann man
nicht behaupten, daß aus seinen Ruinen etwas
Schöneres emporgeblüht sei.
Abb. 1. Diese beiden Dreifensterhäuser
standen neben
den obenerwähn-
ten Groenland-
schen Pakhuizen
und ich konnte
sie von meinen
Visavisfenster aus
aufnehmen. Sie
scheinen „einige
Vertimmering
ondergaan" d. h.
einige Verände-
rungen erlitten zu
haben, bilden
aber immerhin
noch ein nettes
Ensemble. Zwei
Amsterdammer
Eigentümlichkei-
ten weisen sie auf:
die Freitreppen
um ins Hoch-
parterre zu ge-
langen und die
außergewöhnliche
Höhe der unteren
Wohn- und Ge-
sellschaftsräume.
Der Pfahlrost muß
bekanntlich un-
term Wasser-
___spiegel liegen;
von selber ergibt
sich kurz über
war, erschien eines diesem die Sohlenhöhe des Souterrains, welches
schönen Tages das Komitee mit dem Bürger- sich unter dem ganzen Hause erstreckt und
meister und sonstigen Würdenträgern an der als Warenlager, Küche und Vorratskeller aus-
Spitze auf einen geschmückten Zolderschuit genutzt wird. Je nach der Höhe, die man
vor unserm Wall und in unserem Hause ihm geben will, überragt es 1 bis 2 m den
und nach den notwendigen Reden und Zere-
monien wurde das Bildnis feierlich enthüllt.
Bei dieser Gelegenheit wurde konstatiert, daß
die Marmor- und Stuckarbeiten nebst den
Malereien einer späteren Zeit angehörten und
daß der Dichter verzückt zur Decke empor-
Straßendamm und hat meistens besonderen
Zugang. Um die Höhenunterschiede auszu-
gleichen müssen also Freitreppen hinauf zum
Hausflur und hinab zum Keller angelegt werden.
Abb. 2. Ein Amsterdammer Eckhäuschen
mit zwei Giebelfronten, eine der Gracht, die
1909. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.
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Kabine hantierte und wirtschaftete die emsige
Mutter und Schiffsfrau. Da wurde gekocht
und gewaschen und Wäsche aufgehängt. Alle
denkbaren Gefäße wurden über Bord entleert.
Die Kinder spielten herum; das Kleinste lag
schreiend auf der Mutter Schoß und bekam
frische Windeln. Auf dem kleinsten Quadrat-
raum spielte sich die ganze Szene ab. Der
Anhängekahn
wurde von der
männlichen Be-
völkerung als W.
C. in Anspruch
genommen, wo-
bei ältere Zu-
schauer sich einer
drastischen Be-
schreibungin Don
Quichot's Walk-
mühlenabenteuer
mögen erinnert
haben.
Als in späterer
Zeit die Herren
Archivare die
literarische Be-
deutung unseres
Hauses entdeck-
ten, da veranlaß-
ten sie eine Inter-
essenten - Ver-
sammlung und in
dieser wurde be-
schlossen, mit Er-
laubnis des Haus-
herrn eine Büste
des berühmten
früheren Bewoh-
ners Pieter Corne-
liszoon Hooft
über der Haustür
einzusetzen. Als
das Werk vollbracht
Abb. 6. Haus in Nijkerk.
blickend noch die ursprünglichen „Möer und
Kinderbalken" geschaut habe. Armer Hooft,
seine Büstenherrlichkeit hat nicht lange an-
gehalten. Krankenbrüder haben das alte Haus
gekauft und niedergelegt — leider kann man
nicht behaupten, daß aus seinen Ruinen etwas
Schöneres emporgeblüht sei.
Abb. 1. Diese beiden Dreifensterhäuser
standen neben
den obenerwähn-
ten Groenland-
schen Pakhuizen
und ich konnte
sie von meinen
Visavisfenster aus
aufnehmen. Sie
scheinen „einige
Vertimmering
ondergaan" d. h.
einige Verände-
rungen erlitten zu
haben, bilden
aber immerhin
noch ein nettes
Ensemble. Zwei
Amsterdammer
Eigentümlichkei-
ten weisen sie auf:
die Freitreppen
um ins Hoch-
parterre zu ge-
langen und die
außergewöhnliche
Höhe der unteren
Wohn- und Ge-
sellschaftsräume.
Der Pfahlrost muß
bekanntlich un-
term Wasser-
___spiegel liegen;
von selber ergibt
sich kurz über
war, erschien eines diesem die Sohlenhöhe des Souterrains, welches
schönen Tages das Komitee mit dem Bürger- sich unter dem ganzen Hause erstreckt und
meister und sonstigen Würdenträgern an der als Warenlager, Küche und Vorratskeller aus-
Spitze auf einen geschmückten Zolderschuit genutzt wird. Je nach der Höhe, die man
vor unserm Wall und in unserem Hause ihm geben will, überragt es 1 bis 2 m den
und nach den notwendigen Reden und Zere-
monien wurde das Bildnis feierlich enthüllt.
Bei dieser Gelegenheit wurde konstatiert, daß
die Marmor- und Stuckarbeiten nebst den
Malereien einer späteren Zeit angehörten und
daß der Dichter verzückt zur Decke empor-
Straßendamm und hat meistens besonderen
Zugang. Um die Höhenunterschiede auszu-
gleichen müssen also Freitreppen hinauf zum
Hausflur und hinab zum Keller angelegt werden.
Abb. 2. Ein Amsterdammer Eckhäuschen
mit zwei Giebelfronten, eine der Gracht, die