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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

DOI Artikel:
Kleinschmidt, Beda: Der Abdinghofer Tragaltar, eine Arbeit des Rogerus von Helmershausen oder des Reinbold von Paderborn?
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0177

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259

1909.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

260

Der Abdinghofer Tragaltar, eine Arbeit des Rogerus von Helmershausen
oder des Reinbold von Paderborn?

(Mit 4 Abbildungen.)
den interessantesten Problemen

der romanischen Goldschmiede-
kunstgeschichte gehört ohne
Zweifel die „Rogerus-Frage". Als
gelöst ist dieselbe ja noch keineswegs zu be-
trachten. Creutz meinte allerdings kürzlich in
diesen Blättern, daß Rogerus „der erste
Künstler des Mittelalters sei, dessen Lebens-
werk ein erschöpfendes Bild der damaligen
künstlerischen Anschauung gestatte, der erste,
der von einem bodenständigen Können durch-
drungen" sei. Etwas viel der Zuversicht, so
will es mir scheinen, und des Lobes für die
Künstler-Persönlichkeit, die man zum Verfasser
der „Schedula diversarum artium" gemacht hat.
Es mehren sich in neuerer Zeit in nicht un-
bedenklicher Weise die Werke, die aus seiner
Hand oder aus seiner Werkstätte hervorge-
gangen sein sollen. Eine alte Erscheinung!
Mit einem Künstler einer Zeit, der es an
greifbaren Persönlichkeiten fehlt, werden gern
möglichst viele Werke in Verbindung gebracht.
Eine der wichtigsten Arbeiten von der Hand
des Rogerus wäre jedenfalls der Abdinghofer
Tragaltar, da er im Verein mit dem Dom-
portatile zu Paderborn uns sehr bestimmte
Daten aus seinem Leben bietet, vorausgesetzt
natürlich, daß sie wirklich beide zu seinem
„Oeuvre" gehören. Gleich sofort als O. v. Falke
das Abdinghofer Portatile dem Rogerus
zuschrieb, habe ich gegen diese Zuweisung
Bedenken geäußert und versprochen,2) später
darauf zurückzukommen, was hiermit, wenn
auch etwas spät, geschehen möge. Ich gebe
zunächst eine genaue Beschreibung des Por-
tatile.

Das Abdinghofer Portatile ist in der Kunst-
geschichte seit langem kein Unbekannter mehr.
Eingeführt wurde es in dieselbe durch Dr.
Kayser, s. Z. Professor an der theologischen
Fakultät zu Paderborn, der es 1861 zuerst er-
wähnte und fünf Jahre später ihm eine ausführ-
liche Besprechung widmete3). Seiner Erklärung
der den Altar schmückenden Darstellungen ist
seitdem nichts Neues hinzugefügt worden,

x) »Zeitschrift für christl. Kunst« XXI (1908) 238.
*) Ebend. XVII (1904) 107.

8) »Organ für christl. Kunst« XI (1861) 77; XVI
(1866) 3 ff.

auch die genaue Altersbestimmung, welche
Kayser gab, hat man fast allgemein akzeptiert4).
Von neuem wurde man auf unser Altärchen
aufmerksam gelegentlich der Altertümer-Aus-
stellung zu Paderborn 18995) und besonders
der kunsthistorischen Ausstellung zu Düssel-
dorf 19026). Provinzial-Konservator Ludorff
brachte zuerst genügende Abbildungen des
Altärchens7). Die in Düsseldorf sich dar-
bietende, überaus günstige Gelegenheit zur
Vergleichung mittelalterlicher Goldschmiede-
werke hat unserm Monumente anscheinend
für immer einen festen Bestand in der Lite-
ratur über die Goldschmiedekunst des Mittel-
alters gesichert, seitdem O. v. Falke als Ver-
fertiger des Altärchens den Benediktiner Roge-
rus von Helmershausen (a. d. Diemel) be-
stimmt hat8).

Das Altärchen stammt aus der Benedik-
tinerabtei Abdinghof in Paderborn. Der letzte
Abt des 1803 säkularisierten Klosters, Wolf-
gang Heitland, schenkte es dem Weihbischof
Holtgreven, der es an den Franziskaner P.
Hermann Bühner weitergab.

Es besteht aus einem hölzernen Schrein
von 31 cm Länge, 18,5 cm Breite und 11,2 cm
Höhe (inkl. der Füße). In der Mitte befindet
sich der (jetzt verschwundene) Altarstein
(15,8x9,9 cm). Unter dem Stein lagen die
Reliquien, die auch in den Tragaltären selten
fehlten, dabei herrschte das Bestreben, wie
bei den festen Altären möglichst viele Reli-
quien anzuhäufen9); so will das Mauritius-
altärchen in Siegburg deren nicht weniger als
35 besitzen, die auf den Außenseiten des Por-

4) Otte, »Kunst-Archäologie'« 1,148. Grewe,
»Gesch. der Benediktiner-Abtei Abdinghof«. (Pader-
born 1894) 45 ff. v. Falke, s. w. u.

8) Ausstellungs-Katalog Nr. 241; hier wird der
Altar wohl ohne Kenntnis der Abhandlung Kaysers
in das XI. Jahrh. gesetzt.

«) »Illustrierter Katalog« Nr. 613. Vgl. ferner
R e n a r d, » Die kunsthistorische Ausstellung Düsseldorf
1902« (3. Heft der »Rheinlande« II, 11). S. 20.

') »Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Pader-
born« (1898) Tafel 82 ff.

8)v. Falkeu. Frauberger, » Deutsche Schmelz-
arbeiten des Mittelalters und andere Kunstwerke der
kunsthistorischen Ausstellung zu Düsseldorf« (Frankf.
1904) 14 ff.

») Thalhofer, »Liturgik» I, (Freiburg 1883) 756.
 
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