Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

DOI Artikel:
Kleinschmidt, Beda: Der Abdinghofer Tragaltar, eine Arbeit des Rogerus von Helmershausen oder des Reinbold von Paderborn?
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0180

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
265

1909. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST - Nr. 9.

266

sich unzweifelhaft bezüglich des hl. Petrus,
dem die rechte Schmalseite gewidmet ist. Er-
kennbar an (Jen typischen Gesichtszügen, an
der Haar- und Barttracht sowie an den
Schlüsseln, nimmt er eine Taufe vor. Der
Täufling-—man wird an den Hauptmann Cor-
nelius denken — steht nackt in einem bütten-
artigen Taufstein, Petrus legt ihm die Rechte
auf das Haupt, hinter dem Apostel steht ein
Kleriker und hält mit verhüllten Händen das
Evangelienbuch, rechts neben dem Taufbecken
hält ein anderer Kleriker des Täuflings Ober-
gewand. Von einem Sterne, dem Symbole
des Glaubens und der Gnade, gehen Strahlen
auf den Täufling aus.

Schwieriger zu erklären ist die Szene da-
neben. Kayser denkt an das Martyrium des

gleichfalls zwei Szenen: das Verhör eines
Mannes und seine Hinrichtung. Der Richter
sitzt auf einem gepolsterten Sessel, die Füße
stehen auf einem Suppedaneum, mit d er Rechten
zeigt er auf den Angeklagten, in der Linken
trägt er eine Rolle, auf dem Haupte eine
Krone; hinter ihm steht ein Diener mit dem
Schwerte. Ein zweiter Diener faßt den An-
geklagten, der die Rechte beteuernd empor-
hebt, an Schulter und Arm und reißt ihn
zurück. Der Henker endlich ergreift den Ver-
urteilten gefühllos bei den Haaren, um ihm mit
dem geschwungenen Schwerte das Haupt ab-
zuschlagen, das Gewand des Märtyrers flattert
hoch im Winde. Da sich oberhalb dieser
Szene auf der Deckplatte die Figur des hl.
Paulus befindet, sieht Kayser hier das Verhör

Abb. 2.

hl. Jakobus von Jerusalem, da sich die Er-
zählung davon in der Apostelgeschichte (12,1)
an den Bericht über die Taufe des Cornelius
anschließe. Diese Begründung scheint mir
indes sehr unzureichend. Man sieht nicht
recht ein, wie diese bloße Aufeinanderfolge
zweier Begebenheiten, die in gar keinem inneren
Zusammenhange stehen, für den Künstler hätte
Grund genug sein können, sie an dem Por-
tatiledarzustellen. Übrigens folgen diesebeiden
Begebenheiten in der Apostelgeschichte auch
gar nicht unmittelbar aufeinander, es liegen da-
zwischen noch mehrere andere. Ferner trägt
der Heilige Schuhe und eine Art Kasel, was eben-
falls gegen die Erklärung Kaysers spricht. Das
Bild wird wohl zu der Geschichte der Abtei
bezw. ihrer Reliquien in nähererer Beziehung
stehen. Doch gehen wir zunächst zur Be-
trachtung der vier Seitenwände über. — An
der linken Schmalseite (Bild 4) sehen wir

des Völkerapostels durch Nero und seine Hin-
richtung dargestellt. So annehmbar diese Er-
klärung auf den ersten Blick scheint, so birgt
sie doch große Schwierigkeiten in sich. Der
Märtyrer ist in beiden Fällen bartlos und mit
gekräuseltem Haar dargestellt, Paulus aber er-
scheint in der Kunst seit altchristlicher Zeit
stets bärtig und kahlhäuptig.14) An diesen Typus
hat sich auch unser Künstler auf der Deck-
platte gehalten. Was sollte ihn bewogen haben,
an der Schmalseite dem Apostel plötzlich ein
ganz anderes, fast jugendliches Aussehen zu
geben ? Ferner hat der Apostel hier keinen
Nimbus wie Petrus auf der anderen Schmal-
seite, ebensowenig trägt er wie jener das tra-
ditionelle Obergewand, das Pallium, sondern
einen vorn befestigten Mantel; endlich hat

u) Fick er, »Die Darstellung der Apostel i. d.
altchristl. Kunst«. (Leipzig 1887), 152 ff.
 
Annotationen