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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Kleinschmidt, Beda: Der Abdinghofer Tragaltar, eine Arbeit des Rogerus von Helmershausen oder des Reinbold von Paderborn?
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0184

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273

1909 — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

274

an dem trefflichen Heinrich-Altar unterlassen
hatte. Unser Altärchen ist also meines Er-
achtens keine eigenhändige Arbeit
des Rogerus von Helmershausen.

Wie aber ist die mehrfache Übereinstimmung
zwischen den beiden Arbeiten zu erklären?
Nicht durch Zufall, dafür sind sie zu auffällig.
Offenbar stand der Meister des Abdinghofer
Altärchens in näherer Beziehung zu dem
Künstler des Domportatile; vielleicht war er
in seiner Werkstätte gebildet. Wo befand sich
aber diese Werkstätte ? Das Domportatile ist,
wie bemerkt, mit einiger Wahrscheinlichkeit
als eine Arbeit des Benediktiner Rogerus nach-
gewiesen, der in Helmershausen lebte. Diese
Schwesterabtei von Abdinghof hatte ihren
zweiten Abt namens Wino (1017—1030) aus
dem Paderborner
Kloster erhalten;
derselbe war in der
Baukunst erfahren.
Im Auftrage des
hl. Mein werk unter-
nahm er eine Reise
nach Jerusalem, um
eine Zeichnung der
Grabeskirche zu
entwerfen, wonach
die Bußdorfkirche
in Paderborn ge-
baut werden sollte.
Unter ihm und
seinen Nachfolgern
Helmershausen zu
die Miniaturkunst,
d er Löwe jene
die er der Kirche
anderen Kirchen zum Geschenke machte;
noch heute bewahrt die Bibliothek des Herzogs
von Cumberland eine solche Prachthand-
schrift.28) Mit diesem Kloster stand also
Paderborn in näherer Beziehung, wie nicht
nur die Urkunde des Bischofs Heinrich von
Paderborn, sondern auch mehrere Hand-
schriften beweisen, die leider zu Anfang des
verflossenen Jahrhunderts aus Paderborn durch
den Domherrn Grafen zu Kesselstadt nach
Trier gelangten. Aus der Goldschmiedeschule
dieses angesehenen Klosters also ging vielleicht
der Künstler hervor, der unser Alärchen an-

*8) Vgl. A. H a s e 1 o f f , „Die mittelalterliche
Kunst", S. 93, in »Meisterwerke der Kunst aus Sachsen
und Thüringen« (Braunschweig 1904).

Abb. 4.

gelangte die Kunst in
großer Blüte, besonders

Hier ließ Heinrich
Prachtkodizes anfertigen,

zu Braunschweig und

fertigte, das deshalb als eine Werkstattarbeit
des Rogerus zu bezeichnen wäre. — Denk-
bar wäre es allerdings auch, daß es in Pader-
born selbst entstanden ist. Denn es ist ur-
kundlich bezeugt, daß zur Zeit, da unser Al-
tärchen entstand, auch in Paderborn die Gold-
schmidekunst betrieben wurde. Am 27. März
1107 überließ nämlich Abt Gumbert einen
Hof zu Elsen, den er für drei Mark erworben,
dem Goldschmied Reinbold für ge-
leistete Dienste zu lebenslänglicher
Ben utzung.29)

Diese, für die Geschichte der deutschen
Goldschmiedekunst nicht unbedeutsame Ur-
kunde, worauf bereits Grewe hinwies, hat man
meines Wissens bisher ganz übersehen in der
Frage nach dem Ursprung der beiden Por-

tatilia zu Pader-
born. Und doch
ist es von Wichtig-
keit zu wissen, daß
um 1110 Pader-
born eine Gold-
schmiedewerkstätte
besaß. Liegt es da
nicht nahe anzu-
nehmen, unser Por-
table sei in dieser
Werkstätte ent-
standen? Man
denke sich: Kloster
Abdinghof und
in dem gekenn-
wird ausdrücklich

Meister Reinbold stehen
zeichneten Verhältnis, es
bezeugt, daß der Künstler für das Kloster
Arbeiten geliefert hat. Da drängt sich doch
wohl unwillkürlich die Vermutung auf, daß
er auch das „Felix-Blasiusportatile" ange-
fertigt hat.

Würde sich diese Vermutung bestätigen,
so bekommt vielleicht die ganze Rogerus-
Frage ein anderes Gesicht. Seit Kayser im
Jahre 1866 das Domportatile dem Rogerus
von Helmershausen zuschrieb, scheint nie-
mand mehr die einschlägige Urkunde mit dem

«9; Ehrhard, Regesta, p. 217. In der Urkunde
heißt es: ... . Mansum istum [Gehöft] postmodum
cuidam aurifici nomine Reinboldo fratrum alio-
rumque fidelium nostrorum consilio in beneficium dedi-
tum pro servitio artis suae, quo nobis fide-
liter et utiliter servivit tum quia ipse tres prae-
dictas marcas super altare sanctorum apostolorum
Petri et Pauli ad coemptionem eius obtulit.
 
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