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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Wolter, Franz: Der heilige Bartholomäus, eine Holzfigur aus dem Chiemgau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0252

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377

1909. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

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der Holzplastik jener Zeit überhaupt, ist der
Umstand, daß besonders die Bildhauer des
ausgehenden XV. Jahrh. und um den Beginn
des XVI., ihr Hauptbestreben darin suchen,
den allmählich maniriert gewordenen Stil der
vorhergehen-
den Epo-
chen, das
Traditionelle
in der Be-
handlungs-
art, durch die
Freude an
der Durch-
arbeitungder
Naturformen
neu zu be-
leben. Diese

Künstler
schaffen da-
durch einen
Stil, der sich
von dem der
früheren Ge-
neration, der
sie folgten,
hauptsäch-
lich durch
die frische
Auffassung
unterschei-
det. Man
darf jedoch
hier nicht
zu weit

gehen und
diese Neue-
rung über-
schätzen ;
denn sie war
nur möglich,
weil in erster
Linie eine
in ihrer Art
ganz hervor-
ragende
Kunst, eine
fein ausgebildete Kultur in der ersten Hälfte
des XV. Jahrh. in glänzenden Proben der
bildenden Kunsi vorausging und die auf einmal
nicht ganz auf die Seite zu schieben war. So
mußte auch der Meister des heiligen Bartholo-
mäus das Erbe der früheren Zeit zwar über-

Abb.

nehmen, aber durch seine Persönlichkeit als
Künstler verstand eres, dasselbe in zielbewußter
Weise zu vermehren, als einer der letzten
Plastiker der Gotik. Denn was nun folgte
wurde durchsetzt von einer Kunst, die aus

Italien ein-
drang. Lange
Zeit hatte es
gebrauchtbis
die Renais-
sance in
Deutschland
einen Ein-
fluß ausüben
konnte. Von
dieser frem-
den Kunst-
sprache ver-
mochten die

deutschen
Künstler bis-
her kaum die
Grundidee in
Anwendung
zu bringen,
als ein ihrem

innersten
Wesen ent-
gegengesetz-
tes Element.
Das Fest-
halten an der
alten For-
mensprache
der Gotik
geht bei ein-
zelnen Mei-
stern so weit,
daß sie im
Ringen nach
dem Neuen
zu einer pla-
stischen Bil-
dung ge-
langen, die
den Ver-
gleich mit
dem Barock eher aushält als den der Renais-
sance. Die wirbelnden bauschigen Gewänder
der Meisters der Altöttinger Türen des Moos-
burger Altars und so weiter sind dafür charakte-
ristische Beispiele.

München. Kranz Wolter.
 
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