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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Steinbrecht, Conrad: Beiträge zur Kunstgeschichte der Burg Heilsberg im Ermland
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0031

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1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. l.

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auch mehr auf Raumgröße aus war, also
wieder eine Änderung vornahm: Die VI. Fas-
sung! Er ließ die Stellwand B entfernen
[und würde auch die Zwischenwand A ent-
fernt haben, wenn nicht der Raum dahinter
als Verbindung zwischen bischöflicher Woh-
nung und der Hauskapelle im großen Turm
gebraucht wäre].

Der jetzt auf 5 Joche vergrößerte Remter
und der Durchgangsraum dahinter wurden weiß
getüncht und graugrünbraune Landschaften in
die Schildbogen gemalt, welche eben 1003 bei
der Inangriffnahme der Untersuchung entfernt
sind. Nur im Durchgangsraum sind sie belassen.
Dieser Raum hat seine eignen Bemalungs-
schicksale gehabt: man sieht z. B. an den
Fenstergewänden gotische figürliche Malerei
durchschimmern nnd darüber gelbe Rokoko-
schnörkel geschlagen.

Die angestellte Untersuchung hatte insofern
keinen schlagenden Erfolg, als sich keine
frühere für den ganzen großen Remter be-
rechnete Bemalung hatte entdecken lassen,
die ohne weiteres zum Ausgang für eine
Neubemalung hätte dienen können. Ein Ver-
such: aus den verschiedenen ansehnlichen
Motiven eine der früheren Vielteiligkeit des
Remters entsprechende Bemalung zu bilden,
wird schon in der Idee schwer ansprechen.
Die bischöfliche Behörde neigte eher dahin,
auf das gotische Muster zurückzugreifen: auf
die italienisierende Kachelbemalung. Dann
müßte die Einförmigkeit durch ähnliche Bild-
einlagen [oder wenigstens die Andeutungen
solcher Einlagen] wie das an der Kapellen-
wand vorgefundene Wandbild unterbrochen
werden.

Zum Schluß noch eine bauliche Betrach-
tung. Die schöne Vorstellung von dem impo-
santen Remter und der einstigen bischöflichen
Pracht darin, hat eine kleine Abschwächung
erfahren; dafür sehen wir hier in einer andern
Richtung den mittelalterlichen Baumeister
bzw. Bauherrn auf der Höhe.

Der Bischof brauchte schnell ein festes
Residenzschloß. Für die Festigkeit und für
die Ansehnlichkeit war das typische Deutsch-
ordensschloß das gegebene äußere Vorbild.
Aber für das Innere gab des Bischofs Wohnung
und Hofhaltung nicht ein so strammes Bau-
programm her. wie eine Ordenskonturei. Der
Bischof Heinrich war viel außer Landes, und

für die Zukunft war Wohnungsweise und Hof-
haltung doch jeweilig von der Persönlichkeit
des Bischofs abhängig.

Es galt also beim innern Ausbau auf Be-
stimmtheiten zu verzichten, vielmehr allerlei
Möglichkeiten offen zu halten, indem man
große möglichst durch die ganzen Flügel
reichende gewölbte Hallen einbaute, welche
es gestatteten, spätere Bedürfnisse beliebig ein-
zufügen oder sie nach der persönlichen Eigen-
art der Nachfolger — ohne tiefe Eingriffe in
den Gesamtbau — wieder zu verändern.

Solche Vorgänge: beliebiges Einziehen und
Entfernen von Zwischenwänden haben wir
jetzt bei dem großen Remter wirklich nach-
gewiesen.

Ähnliches würde auch bei den andern
Flügeln zum Vorschein kommen. Nur im
Nordflügel scheinen einige Zwischenwände
ursprünglich zu sein. Im Westflügel (ausge-
nommen Kirche) sind Wände und Zwischen-
decken noch mittelalterliche Einbauten in
große gewölbte Hallen.

Es ist wichtig, daß diese Bauweise hier
in Heilsberg einmal gründlich nachgewiesen
ist. Sie kam auch anderwärts zur Anwenduni;
— im Mittelschloß Marienburg, in Allenstein
u. a. Ihre Verkennung kann Mißgriffe in
der Denkmalpflege zur Folge haben: Die
„Copernicus-Klause" im Aliensteiner Schloß
beseitigte man. Ihr unorganischer Fachwerk-
einbau in den Remter fand Anstoß. Nach
obigem dürfte das heut kaum noch ge-
schehen.

Man neigt vielleicht dahin, einen Bau, der
so große innere Veränderungen verträgt, ohne
sie außen zu kennzeichnen, wenige! hoch zu
bewerten als ein Deutschordensschloß, dessen
Gestaltung und Durchbildung folgerichtiger aus
seinem innern Wesen herauswuchs; — aber
das Heilsberger Schloß hat durch jenen dehn-
baren Hallenausbau etwas voraus: eine An-
passungsfähigkeit an neue Zwecke. Drum steht
es noch heut, im wesentlichen — einige un-
nötige Ungeschicklichkeiten vom Umbau 1865
abgerechnet — wohl «halten da und dient
einer zeitgemäßen Verwertung als Enriehungs-
anstalt, während die Ordensschlösser, sobald
überhaupt solch Versuch einer neuseitlichen
Benutzung gemacht wurde, dabei EUgTUnde

gingen.

hbrienborg, W.-Pr. C. Steinbrecht
 
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