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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Creutz, Max: Frühromanische Bronzearbeiten in Nordwestdeutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0034

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1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

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schiedentlich angenommen wurde, mitzu-
sprechen. Wenn auch starke syrisch-
orientalische Einflüsse sich in seiner Orna-
mentik geltend machen, so liegt seine
Entstehung auf heimischem Boden durch-
aus im Bereiche der Möglichkeit. Ranken-
und Blattornamentik des Leuchters ist
vorgebildet in der Buchmalerei der otto-
mschen Zeit, so im Essener Domschatze
selbst bei einer Evangelienhandschrift,
die in den Blattgebilden der Kanon-
tafeln ganz verwandte Motive aufweist.
Alles deutet darauf hin. daß in Werden
selbst eine Werkstatt der Bronzekunst
bestanden hat, wenigstens stehen mehrere
frühe Bronzearbeiten ihrer Herkunft nach
mit dieser Gegend in Zusammenhang.
Der oben erwähnte Leuchter (Abb. .'!) "),
stammt angeblich von einem Bauern in
Schwarzenberg bei Friemersheim, wo die
Abtei Werden Besitzungen hatte. 898 wird
der Abtei der Besitz des Gutes Friemers-
heim bestätigt12).

In der Sammlung Schnütgen befindet
sich ein kleiner, dunkelpatinierter Leuchter
auf drei Füßen der am Schaft und Fuß
mit kleinen Kugeln verziert ist, wie sie am
Essener Leuchter vorkommen. Das Stück
wurde von Herrn Domkapitular Schnütgen
aus Kevelaer erworben, eine Erwerbung,
die gleichfalls auf den Niederrhein hinweist.

Ein anderer sehr bekannter Leuchter
oder Kreuzfuß aus der Sammlung von
Zur Mühlen auf Haus Offer-Ruhr weist
gleichfalls auf den Werdener Kunstkreis.
Dieser durch von Falke abgebildete
Leuchter (a. a. O. Taf. 120) ist bisher für
die zweite Hälfte des XII. Jahrh. ange-
setzt worden. Er scheint jedoch noch in
die Mitte des XL Jahrh. zu gehören. Auf
den Ecken des Fußes sitzen nämlich vier
Tierköpfe, deren rankenförmige Zungen
sich an die Klauenfüße anschließen.
Genau das gleiche Motiv dieser eigen-
artig gebildeten Köpfe kehrt wieder beim
Theophanukreuze (1039—56) des Essener
Domschatzes18) in den vier Zellenemails
der Kreuzarme. Auch die Krallenfüße



'i) Hu mann, ,Die Kunstwerke der Münster-
kirche zu Essen« Taf. 84-38.

I2) Hin terim und M norm,
neue Erzdiözese Köln« III, S. 84.

>») Hu mann, a. a. O. Taf. 11.

IJt

.Die alte und

Abb. 4

stehen dem Essener Leuchter nahe. Sehr
frühen Charakter tragen auch die kräftig
gezeichneten Ranken, der antikisierende
Ausdruck im Kopftyp der Engel und die
Figur des Abraham, der an den eingangs
erwähnten Johannes erinnert.

Im Zusammenhang mit diesen Arbeiten
kann eine bisher wenig beachtete, aber in
ihrer Ausführung vollendete Bronzearbeit
behandelt werden, eine Art von Szepter
oder Zeigestab im Provinzialmuseum in
Bonn14) (Abb. 4). Dieses Stück zeigt
einen gewundenen Schaft und einen
sprießenden Stab, die durch nielloverzierte
Zwischenglieder eingefaßt sind. Von be-
sonderer Vollendung ist ein Löwenkopf
als Abschluß, wegen seiner scharfen und
prägnanten Zeichnung wohl noch ins
XI. Jahrh. zu setzen. Auch die fein-
gezeichneten Nielloornamente, die gleichen
wie auf dem Paderborner Rogkerus-Trag-
altare des Domes, sprechen für eine frühe
Entstehung. Das Stück stammt nach dem
Inventar aus Werden a. d. Ruhr und soll
das Lehenszepter der Äbte der ehemaligen
Reichsabtei gewesen sein. Inwieweit diese
Tradition richtig ist, kann nicht mehr fest-
gestellt werden. Immerhin spricht für
den Essen-Werdener Kunstkreis eine
große Verwandtschaft mit den späteren
Arbeiten des Rogkerus von Helmers-
hausen in der Art der Materialbehand-
lung, und der Vergoldung. Rogkerus war
ein Schüler der Essener Werkstatt. Seine
Gravierarbeiten knüpfen unmittelbar an
die Kreuze im Essener Domschatze an.
So wäre die Entwicklung der Aibeiten
des XI Jahrh. in ihrem Ursprung von
Trier und Werden lückenlos geschlossen.
Wenn es bei der leichten Beweglich-
keit der Kleinbronzen überaus schwierig
ist, bestimmte Werkstätten festzulegen, so
spricht doch für die hier behandelten
Stücke alles für den Trier-Werdener Kunst-
kreis, der lokale Zusammenhang sowohl
wie stilistische Übereinstimmungen. Für
Trier, Essen, Werden hat ein reicher Aus-
tausch der künstlerischen Kräfte stattge-
funden. Der Schutzpatron von Werden,
S. Ludgerus, kommt sogar auf dem
Gothaer Kodex aus der Trierer Werkstatt
I4) -D'v Kunstdenkmaler der Rheinprovinz«,
Stadt Bonn, S. 195.
 
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