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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Kreitmaier, Josef: Monumentalmalerei
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Hasak, Max: Der Knick in der Längsachse mittelalterlicher Kirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0059

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89

1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Ni. 2.

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etwa genaue Durchführung der Haare, ist des-
halb zu vermeiden, ebenso allzu feine Farben-
nuancen und diffiziler, in der Ferne nicht
mehr wahrnehmbarer Gesichtsausdruck. Je
feiner die Ausführung um so mangelhafter
ist zumeist die Wirkung.

Starke Konturierung ist namentlich
für entferntere Bilder ein gutes Mittel der
Klarheit, mag sie auch vielleicht nicht so gut
wirken wie bei Glasfenstern, wo die Konturen
vom einfallenden Licht „verschluckt" werden
und darum ihre natürliche Härte verlieren.
Bloßes Aneinanderreihen farbiger Flächen ohne
Kontur wirkt nicht deutlich genug. Für die
Freskotechnik ist die Konturierung schon des-
halb fast notwendig, weil die mit Kalk ge- !
mischten Farben in ihrem grauweißen Aqua-
rellton sonst nicht die erwünschte Kraft er-
reichen (cf. Dr. Alt, I. c. p. 343).

Die Nachahmung eines fremden Material-
stils z. B. der Glasmalerei (durch Vortäuschen
von Verbleiungskonturen) oder der Mosaik-
technik (Erwecken des Eindrucks nebenein-
ander gelegter Steinchen) ist wie jede Täu-
schung durchaus zu vermeiden.

Impressionistisch verschwommene Tech-
nik läßt, abgesehen von anderen Umständen, i
zu sehr den der Architektur dienenden Cha-
rakter vermissen. Die Architektur kennt nichts
Verschwommenes, sondern nur scharf heraus- !
gearbeitete Bauglieder und Ornamente. Das

Prinzip der klaren Linie muß den ganzen
Bau beherrschen mit all seinen Teilen, den
Bilderschmuck eingeschlossen.

Es wäre noch die Frage übrig nach der
Dauerhaftigkeit der verschiedenen Malver-
fahren für Wandbilder. Wir wollen auf diese
rein praktische Frage, die an sich mit unserer
ästhetischen Untersuchung nichts zu tun hat,
nicht näher eingehen. Freskotechnik ist immer
noch die beste und haltbarste, leider auch die
am meisten Übung voraussetzende. Und daran
scheitert sie zumeist. Vielfach gehen Übung
und erste Ausführung in eins zusammen, und
das fertige Bild zeigt dann alle Mängel des
Unerfahrenen.

Immerhin ist schon vieles besser geworden,
und wenn man unsere heutigen Wand- und
Glasmalereien in Kirchen besonders vom
Standpunkt der Technik aus vergleicht mit
den um die Mitte des vorigen Jahrhunderts
und später gefertigten, dann dürfte kein
Zweifel mehr sein, daß die kirchliche Monu-
mentalkunst ein entschiedenes Aufwärtsstreben
zeigt. Und wenn dann außer der starken
Technik auch noch hohe geistige Erfassung
des Stoffes und große Gestaltkraft mehr All-
gemeingut der schallenden Künstler werden,
dann sind alle Voraussetzungen für eine neue
Blüteperiode der monumentalen kirchlichen
Malerei gegeben.

Joseph K r e i t m :i i er, S. J.

Der Knick in der Längsach

ruhe mittelalterlichen Kirchen
zeigen einen Knick in ihrer Längs-
achse. Die Archäologen des
vorigen Jahrhunderts haben sich
gro£e Mühe gegeben, den Grund für diese
Erscheinung zu finden. Viele neigten der
Ansicht zu, daß dieser Bruch der Mittellinie
in Erinnerung an die Neigung des Hauptes
Christi bei seinem Tode am Kreuze herge-
stellt worden sei. St. Johannes berichtet:
..Als nun Jesus den Essig genommen hatte.
riei er: Es ist vollbracht! und mit geneigtem
Haupte gab er den Geist auf." — Ganz ab-
gesehen davon, dal rieh das Haupt wohl nach
vorn geneigt haben dürfte — wenigstens be-
richtet Johannes nichts von einem Neigen
nach der Seite — so ist auch zumeist nicht
allein der Chor, als" der Kopf, gegen die
Achse abgebogen, sondern mit ihm das Kreuz-

se mittelalterlicher Kirchen.

schiff — das wären also die Arme. — Man
bemerkt überdies bei der Betrachtung solcher
Bauten, innen oder außen, selten diesen Knick
ohne besondere Messungen, wenige Beispiele
ausgenommen. Wozu wäre also eine „Sym-
bolik", deren sich der Beschauer gar nicht
bewußt wird ?

Von Lasteyrie hat dagegen in der letzten
Zeit1) in einer umfangreichen Abhandlung
auf das entschiedenste die Ansicht vertreten,
daß diese Knicke nur durch Ungenauigkeiten
in der Ausführung entstanden seien, und hat
damit diese ganze Frage für erledigt gehalten.

Doch dem ist nicht so. Die Gründe,
welche de Lastevrie für diese Ungenauigkeiten

'l »Memoire* de ['Institut national de Franc
Paris. 1904. (DeLasteyrie, „La deriation de l'axe
gütea est-eüe lymbolique?"] Bd. :!7. Teil 1.

S JTT. ff.
 
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