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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Arntz, Ludwig: Wegekreuz und Wegebild, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0071

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1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

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kreisförmiger Zwickel stehengelassen in zurück-
gesetzter Fläche (vgl. IV. 41, 42, 47). Sehr
häufig ist die im allgemeinen spätere Form
des geraden Kreuzstockes vertreten, meist
unter Anlehnung an die überlieferten Holz-
kreuze. Dabei ist Mordwaffe oder Hand-
werkszeug in der Stirnfläche als Umriß ein-
gehauen, seltener in reliefartiger Ausbildung.
Die Form des breitrandigen und des geraden
Kreuzes tritt gleichzeitig auf, wie die Beispiele
aus Volkenrode (Gotha) (vgl. IV. 40) und
Kleinenglis (Fritzlar) (vgl. IV. 53), die
beide i. J. 1400 gesetzt sind. Der erstgenannte
Kreuzstein ist in der Inschrift nicht mehr ganz
leserlich und soll nach der Überlieferung zum
Andenken an eine vom Blitz erschlagene
Klosterschwester errichtet sehr1). Das Stein-
kreuz unter IV. 53 mit abgefastem Schaft und
Schenkel ist urkundlich zum Andenken an
den 5. Tuni 1400 erstochenen Herzog Friedrich
von Braunschweig errichtet worden4). Seltener
ist die Form des Kreuzes mit rundem Schaft
und Schenkel, wie sie das Beispiel von
Roettgen (Bonn) aufweist, und welches ins
XVIII. Jahrh. zu setzen ist (vgl. IV. 54). Un-
gewöhnlich ist auch die Ausbildung des Sühne-
kreuzes von Havixbeck (Münsterland)
(vgl. IV. 56). Auf einfachem, i. J. 1563 reno-
viertem Sockel steht der schlanke, achtkantige
Schaft, welcher in ein frühgotisches Kreuz
mit Blumenknäufen ausläuft. Das Kreuz ist
i. J. 1487, zum Andenken an den eines jähen
Todes verstorbenen Siver von Bevere errichtet
worden"'). Von seltener Form ist auch das i
unter IV. 55 abgebildete Sühnekreuz von
.Schleusingen (Thüringen), dessen oberer,
giebelförmiger Schaft als Nische ausgegründet
ist; die umlaufende Ausspundung deutet auf
den Zweck eines möglichen Verschlusses.

Unter den Wegekreuzen nehmen die
Hoheitszeichen, soweit sie monumentale
Gestalt angenommen, eine bevorzugte Stellung
ein (vgl. Tafel IV). Wenn auch die Eigen-
tumsmarken, die Grenzpfähle, schon verhältnis-
mäßig früh durch steinerne Zeichen (in Feld-
stein oder bodenständigem Gestein) verdrängt
wurden, so sind in Deutschland die älteren
hölzernen Gerichts- und Marktkreuze wohl
kaum vor dem XII. Jahrh. durch ständige
steinerne Hoheitszeichen ersetzt worden. Es

sei zunächst hingewiesen auf das bekanntere
Hoheitskreuz von Ravenna, welches auf
antiker Säule das breitrandige Kreuz mit dem
Sinnbild des Lammes im Kranz des Mittel-
feldes trägt, und welches i. J. 1553 wieder
aufgerichtet worden ist. Ähnliche Kreuze be-
finden sich in Bologna, San Giovanni und
San Petronio, von denen das letztere i. J.
1303 erneuert worden ist. Als ein seltenes,
christliches Hoheitszeichen von ungewöhnlicher
Größe und Bedeutung ist das Kreuz von
Ruthwell in der Grafschaft Dumfries (North-
umberland) aufzufassen. Aus drei gewaltigen
Sandsteinblöcken ist die 20 Fuß hohe Pyra-
mide aufgebaut, welche auf schwach vor-
springendem Sockel sich erhebt und mit einem
in den Winkeln ausgekehlten Kreuzkopf endigt.
Stirnflächen, Seiten und Rückenflächen zeigen
in typischem Flachrelief symbolisches Orna-
ment, Runen und lateinische Schriftzüge, in
welchen eine frühchristliche Epik lapidaren
Ausdruck gefunden. Unverstanden von der
Nachwelt, ist dieses groß angelegte Denkmal
frühchristlicher Kunst i. |. 1642 durch blinden
Glaubenseifer umgestürzt und dadurch in dem
Kreuzstück gebrochen worden °). Noch in das
XII. Jahrh. dürfte das bischöfliche Hoheits-
kreuz in Trier, das sogenannte Marktkreuz
zu setzen sein (vgl. V. 57). Auf dem runden
Knauf der Säule mit umlaufendem Spruchband
steht das breitrandige, in den Winkeln aus-
gekehlte Plattenkreuz, dessen Stirnfläche mit
romanischem Blattwerk und in der Mitte mit
dem Bilde des Lammes geschmückt ist. Ein
ganz ähnliches, etwas einfacher gehaltenes
Kreuz steht an der Zillskapelle bei Carden als
Hoheitszeichen des Trierschen Archidiakonats
(vgl. V. 5s i. Ein umlaufendes Spruchband
zieht sich um den runden Knauf. Im übrigen
ist die Stirnfläche des Kreuzes glatt gehalten.
Häufiger sind schon Markt- oder Gerichts-
kreuze aus gotischer Zeit anzutreffen, so u. a.
das im XV. lahrh. errichtete Marktkreuz von
Nideggen (vgl. V. 60). Auf vierfai
Stufenbau und Sockel erhebt sich der S< hall,
in welchem zwei kleinen- Nischen ausgehöhlt
sind. Das Kreuzstück ist in den Winkeln mit
Maßwerk ausgesetzt, während die Anne in

3) Vgl. Kunstdenkmäler von Thüringen. .

4| Vgl. Kunstdenkmäler von Hessen-Nassau (Kassel).

f) Vgl. Bau- und Kunstdenkmäler Westfalens.

6) Vgl. Abbildung des R.uthwellkreutei in dem
Runenwerk von Prot. Stephens.

Vgl. Alteste christliche Epik vi I li Kamme-

rieh, Kopenhagen, Qbersetit aus dem Dänischen von
A.1. Michelsen. Gütersloh, Bertelsmann 1874.
 
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