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1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST _ Nr. 4.
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und Absicht der Betreiber des Baues '). Daß
die allerentlegenste der Kirchen, zu Jeven-
stedt, am Ende des XII. Jahrh. ein Holzbau
war, besagt für unsere Frage gar nichts. Vier
haben wir noch (Kellinghusen, Schenefeld,
Hohenaspe und Hademarschen), die, aus Stein
gebaut, ins frühere Mittelalter zurückgehen.
Von ihnen ist die letztgenannte, mit Apsis,
aus dem XII. Jahrh.; die anderen sind
älter. Ob sie aber aus jener karolingischen
Zeit stammen oder aus welcher sonst, das
kann man ihnen nicht ansehen. Die Mauern
ausunbearbeitetenGranit-
fündlingen geben keinen
Anhalt; bestimmte Merk-
male und Zierglieder
fehlen.
Und da hat denn auch
die sehr auffallende Tat-
sache, daß ein altes Bild
der Schenefelder
Kirche neben ihrem
Westende einen kräftigen
Rundbau sehen läßt
(s. R. Haupt, Vizelins-
kirchen S.
Abb. 1. Aus einem alten Epitaphbilde in der Kirche
29), zwar
der Erklä-
rung Raum
gegeben,das
könne nichts -
anders als
das Bap ti-
steriumder
alten Tauf-
kirche ge-
wesen sein;
aber diese
Erklärung schwebte ebenso in der Luft, wie
der nebelhafte Ruhm der Kirche selbst als
der ältesten dieser Lande, der bischötlichen
Hauptkirche der Holstengaus.
Die Schenefelder Kirche ist ein ziemlich
großer Bau mit rechteckigem, ungemein langem
Chore. Die Umfassungsmauern sind mit Aus-
') Hierüber gibt uns eine Andeutung der Um-
stand, daß des Kaisers Macht in diesen Landen sich
auch durch die Anlegung der Sachsenscheide betätigte,
eines an die fünfzehn Meilen langen Grenzstreifens, der
von Lauenburg nach Kiel ziehend die Sachsen von
ihren wendischen Nachbarn zu scheiden hatte. An
ihm wurden viele feste Stützpunkte angelegt, wofür
erfahrene Bauleute aus der Ferne hierher zu senden
waren.
Abb. 8. Grundriii.
nähme der Ostwand, die im XII. und XIII.
Jahrh. erneuert worden war und 1903 umge-
baut worden ist, sowie des Westendes, das
einen Turmbau gebildet hat, zwar ursprünglich,
aber die erkennbaren Fenster und Portale sind
durchweg verdorben. Der vormalige, rund
gewesene Westturm ist zur Kirche gezogen und
diese überhaupt in einen gleich hoch ge-
machten, sogar des Chorbogens beraubten
weiten und ziemlich öden Raum verwandelt.
Ein Brand hat 1628 alles Brennbare vernichtet,
und der dann erfolgten Wiederherstellung,
sowie späteren Arbeiten
von 1732, die den Dach-
reiter auf das Westende
setzten, war es zu ver-
danken, daß diese Kirche
zu einer der uninter-
essantesten Dorfkirchen
des Landes geworden
war, an der nur die
große Länge des Chores
auffiel (die sie mit der
Kellinghuser Kirche ge-
mein hat). — Im Jahre
1900 kam
ihre Zeit,
daß man
sie zeitge-
mäß zu-
rechtbauen
und erneu-
ern wollte.
Namentlich
sollte der
Chor ge-
kürzt, und
mit einer
J)
I
Apsis versehen werden.
Das konnte glücklich verhindert werden,
nicht aber eine außerordentlich weit-
gehende Modernisierung, die mit allem, was
sich daran geknüpft hat, dem anspruchlosen
Bau ihren charakterlosen Schein aufs un-
erfreulichste, ja frechste aufgeprägt hat.
Namentlich sind nun auch die noch ei hal-
ten gewesenen oberen Fenster dei Nordwand
dabei betroffen, ausgeweitet und, in unserem
Sinne gesagt, verdorben worden.
Bei den Arbeiten (1903) galt es, die etwa
zu gewinnenden Aufschlüsse zu beobachten
und festzuhalten, und es war ein glücklicher
Umstand, daß ein gefälliger und williger Bau-
1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST _ Nr. 4.
152
und Absicht der Betreiber des Baues '). Daß
die allerentlegenste der Kirchen, zu Jeven-
stedt, am Ende des XII. Jahrh. ein Holzbau
war, besagt für unsere Frage gar nichts. Vier
haben wir noch (Kellinghusen, Schenefeld,
Hohenaspe und Hademarschen), die, aus Stein
gebaut, ins frühere Mittelalter zurückgehen.
Von ihnen ist die letztgenannte, mit Apsis,
aus dem XII. Jahrh.; die anderen sind
älter. Ob sie aber aus jener karolingischen
Zeit stammen oder aus welcher sonst, das
kann man ihnen nicht ansehen. Die Mauern
ausunbearbeitetenGranit-
fündlingen geben keinen
Anhalt; bestimmte Merk-
male und Zierglieder
fehlen.
Und da hat denn auch
die sehr auffallende Tat-
sache, daß ein altes Bild
der Schenefelder
Kirche neben ihrem
Westende einen kräftigen
Rundbau sehen läßt
(s. R. Haupt, Vizelins-
kirchen S.
Abb. 1. Aus einem alten Epitaphbilde in der Kirche
29), zwar
der Erklä-
rung Raum
gegeben,das
könne nichts -
anders als
das Bap ti-
steriumder
alten Tauf-
kirche ge-
wesen sein;
aber diese
Erklärung schwebte ebenso in der Luft, wie
der nebelhafte Ruhm der Kirche selbst als
der ältesten dieser Lande, der bischötlichen
Hauptkirche der Holstengaus.
Die Schenefelder Kirche ist ein ziemlich
großer Bau mit rechteckigem, ungemein langem
Chore. Die Umfassungsmauern sind mit Aus-
') Hierüber gibt uns eine Andeutung der Um-
stand, daß des Kaisers Macht in diesen Landen sich
auch durch die Anlegung der Sachsenscheide betätigte,
eines an die fünfzehn Meilen langen Grenzstreifens, der
von Lauenburg nach Kiel ziehend die Sachsen von
ihren wendischen Nachbarn zu scheiden hatte. An
ihm wurden viele feste Stützpunkte angelegt, wofür
erfahrene Bauleute aus der Ferne hierher zu senden
waren.
Abb. 8. Grundriii.
nähme der Ostwand, die im XII. und XIII.
Jahrh. erneuert worden war und 1903 umge-
baut worden ist, sowie des Westendes, das
einen Turmbau gebildet hat, zwar ursprünglich,
aber die erkennbaren Fenster und Portale sind
durchweg verdorben. Der vormalige, rund
gewesene Westturm ist zur Kirche gezogen und
diese überhaupt in einen gleich hoch ge-
machten, sogar des Chorbogens beraubten
weiten und ziemlich öden Raum verwandelt.
Ein Brand hat 1628 alles Brennbare vernichtet,
und der dann erfolgten Wiederherstellung,
sowie späteren Arbeiten
von 1732, die den Dach-
reiter auf das Westende
setzten, war es zu ver-
danken, daß diese Kirche
zu einer der uninter-
essantesten Dorfkirchen
des Landes geworden
war, an der nur die
große Länge des Chores
auffiel (die sie mit der
Kellinghuser Kirche ge-
mein hat). — Im Jahre
1900 kam
ihre Zeit,
daß man
sie zeitge-
mäß zu-
rechtbauen
und erneu-
ern wollte.
Namentlich
sollte der
Chor ge-
kürzt, und
mit einer
J)
I
Apsis versehen werden.
Das konnte glücklich verhindert werden,
nicht aber eine außerordentlich weit-
gehende Modernisierung, die mit allem, was
sich daran geknüpft hat, dem anspruchlosen
Bau ihren charakterlosen Schein aufs un-
erfreulichste, ja frechste aufgeprägt hat.
Namentlich sind nun auch die noch ei hal-
ten gewesenen oberen Fenster dei Nordwand
dabei betroffen, ausgeweitet und, in unserem
Sinne gesagt, verdorben worden.
Bei den Arbeiten (1903) galt es, die etwa
zu gewinnenden Aufschlüsse zu beobachten
und festzuhalten, und es war ein glücklicher
Umstand, daß ein gefälliger und williger Bau-