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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Habicht, Victor Curt: Die älteren Figuren am Rathause zu Ulm
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0104

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173

1912.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

174

wobei als Nachklang die starke Ausbiegung
einer Hüfte noch beibehalten wird. Etwas
Plumpes und Unbeholfenes ist das Resultat!
Dann aber die auffallende Ausdrucksfähigkeit,
die der Künstler — gleichfalls in Anlehnung
an westliche, oder sagen wir deutlicher bur-
gundische Vorbilder — in die Köpfe und
Hände zu legen versteht. Hier die Inaugu-
ration des nordischen Vorzugs der Kunst
als Resultat!
Beide Mo-
mente aber,
das erstere
als noch

scheinbaren
Mangel, das
zweite als
um so deut-
IicherenFort-
schritt finden
wir in genau
gleicher tech-
nischer Ge-
staltung —
und darauf
kommt es
doch vor
allem an —
bei den Ar-
beiten Hart-
manns, und
zwar den
Mangel deut-
licher in
den stehen-
den Figuren
der Vor-
hallenstirn-
wand, den
Fortschritt in
den „zwelff

botten".

Selbstverständlich denke ich bei solchen ge-
meinsamen Betrachtungen nur an Entwürfe
Hartmanns für alle sechs Kurfürsten, während
die Ausführung natürlich — wie immer —
verschiedenen Händen zuzuweisen sein wird.
Inwieweit ich an eigene Arbeiten Hartmanns
glaube, und welche ich als solche ansehe,
werde ich bei der Einzelbetrachtung der
Figuren auszuführen haben.

Um nun diese doppelten Beziehungen der
Rathausfiguren nämlich zu den Statuen der

Abb 3.

Vorhallenstirnwand und zu den „zwelff botten"
überzeugend dartun zu können, sei es mir ge-
stattet, die eingehenden Besprechungen jeder
einzelnen Kurfürstengestalt mit einer gleich-
zeitigen Heranziehung der Analogien zu den
Arbeiten Hartmanns zu verquicken.

Als von einer Hand gearbeitet erscheinen
sofort die Kurfürsten von Köln und Trier
(Abb. 1 u. 2). Sie sind es auch, die die

stärksten Be-
ziehungen
zur beglau-
bigten Kunst
Hartmanns
aufweisen,
und sie sind
in ihren Be-
sonderheiten
so konform,
daß es wohl
berechtigt er-
scheint, sie
gemeinsam
zu behan-
deln,umWie-
derholungen
zu vermei-
den. Schein-
bar war
auch ihre
Aufstellung
nebeneinan-
derbeabsich-
tigt, worauf
wenigstens
die Korres-
pondenz der
Ausbiegung
der Hüften
und die aus-
gleichende
Haltung der
Köpfe hinweisen. Die Körper sind breit und ge-
drungen und von den weiten Gewändern voll-
kommen eingehüllt. Die Gewänder an sich
sind außerordentlich einfach und schmucklos,
und Bischofsmützen, Schwerter und Kurfür-
stenmäntel kennzeichnen allein die doppelte
Würde der Dargestellten. Bei beiden sind
die Hände in umgekehrt korrespondierender
Weise damit beschäftigt mit der einen das
Gewand zu raffen, um das Ausschreiten zu
ermöglichen, während die andere an das

Abb. 4.
 
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