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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Hasak, Max: Das Alter des Chorbaues von Groß-St.-Martin zu Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0109

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183

1912. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

184

Daß diese Weihe von 1172 sehr gut zu
dem Chorbau nebst Vierungsturm paßt, zeigt
die Taufkirche zu Pisa, welche 1154 begonnen
worden ist und die gleichen hohen Kapital -
aufsätze besitzt, die in Groß-St.-Maitin so
fremdartig in die Augen fallen. Daß die
Pisaner Bauten damals in Köln gut bekannt
sein konnten, erweisen folgende Nachrichten:2)

„Anno 11 68. Imperator Fredericus Rainal-
dum Cancellarium et Coloniensem Archiepis-
copum Pisas misit, qui exercitum facere sta-
tuit in aestate futura in Siciliam, Apuliam,
Calabriam et contra Romanos . . ."

[Im Jahre 1168 schickte der Kaiser Fried-
rich Reinald den Kanzler und Kölner Erz-
bischof nach Pisa, der bestimmte, daß im
Sommer das Heer aufgebracht würde gegen
Sizilien, Apulien, Kalabrien und gegen die
Römer . . .]

Im Gefolge der deutschen Herren fehlten
die Kriegsbaumeister nicht.

Zu den gleichzeitigen deutschen Bauten,
wie die Türme zu Laach [geweiht 1156], der
Wiederherstellungsbau des Domes zu Speyer
[nach dem Brande von 1159], paßt der Chor-
bau von Groß-St.-Martin ebenfalls vorzüglich.

Die zweite Nachricht über Bauvorgänge
bei der Kirche Groß-St.-Martin bietet fol-
gende Urkunde:3)

„Symon dei gratia abbas ecclesie beati Mar-
tini. Notum esse uolumus tarn posteris quam
presentibus, quod Rudengerus bone memorie
confrater noster quandam domum secus renum
in area ecclesie ante cellarium sitam XVIII.
solidos annuatim persoluentem ecclesie nostre
pro remedio anime sue et uxorum suarum
Atzele scilicet et Petronille quam plurium
testimonio delegauit ea conditione, utinanni-
uersario suo VI sol. eiusdem census fratri-
bus deseruiant, in anniuersario prioris uxoris
Atzele IUI, in anniuersario Petronille II, in
dedicatione ecclesie V sol. et VI denar., fa-
miliaribus uero ad signa ecclesie in eius an-
niuersario compulsanda VI denar. Preterea
idem Rudengerus in edificio ecclesie nostre
fideliter laborans VII marcas, tunc et XXX
denarios de suo proprio in emptis Ia-
pidibus et calicem V marcarum bona fide
deo et beato Martino optulit. Drecrettit uero

2) »Monumenta Gcrnianiac historica.« Scrpt XIX.
(Hannover 1866), S. 265.

3) Ennen und Eckertz, »Quellen zur Geschichte
der Stadt Köln.« (Köln 1863), Bd. 2, S. 40 und 41.

idem Rudengerus, ut censum supradicte domus,
quoad usque uiueret, libere susciperet."

[Symon durch Gottes Gnade Abt der
Kirche des hl. Martin. Wir wollen, daß es
sowohl den Nachfolgenden wie den Gegen-
wärtigen bekannt sei, daß Rudengerus, guten
Angedenkens, unser Mitbruder, ein Haus am
Rhein auf dem Kirchplatz vor dem Keller-
gebäude gelegen, unserer Kirche zum Heile
seiner Seele, wie seiner Frauen, nämlich
Atzela und Petronilla, unter der Bedingung
vor sehr vielen Zeugen übertragen hat, daß
an seinem Jahrestage 6 Sol. jenes Zinses den
Brüdern zukäme, am Jahrestage seiner ersten
Frau Atzela 4, am Jahrestage der Petronilla 2,
am Kirchweihfest aber 5 Sol. und 6 Denar;
den Dienern aber, welche am Jahrestage die
Kirchenglocken läuteten, 6 Den. Außerdem
gab dieser Rud., der in dem Gebäude
unserer Kirche treu arbeitete, Gott
und dem hl. Martin 7 Mark damals, und
30 Denar von seinem Eigentum in gekauften
Steinen, und einen Kelch 5 Mark unter Brüdern
wert. Es bestimmte aber dieser Rudengerus,
daß er den Zins des oben besagten Hauses,
solange er lebe, frei erhielte.]

Der vorgenannte Abt Symon leitete von
1206-1211 Groß-St.-Martin.

In diese Zeit und zu dem Wortlaut passen
die frühgotischen Gewölbe des Langschiffes
sehr gut.

Später haben die Herren von der Inven-
tarisation der Baudenkmaler noch folgende
Nachricht der Jahrbücher von Floreffe zum
Jahre 1185 gefunden:4)

,, . . . Apud Leodium antiqua templa be-
ati Lamberti et beati Petri, in Colonia vero
beati Martini combusta sunt."

[. . . Zu Lüttich sind die alten Tempel
des hl. Lambert und des hl. Petrus, in Köln
aber der des hl. Martin verbrannt.]

Herr Rahtgens fügt hinzu:

„Es kann sich hier nur um die Kirche
der bekannten Abtei Groß-St.-Martin handeln,
denn einen Brand der kleinen, unbedeutenden
Kölner Pfarrkirche Klein-St.-Martin würde
man in dem entlegenen Florefle (bei Namur)
kaum für erwähnungswert gehalten haben, wenn
man ihn überhaupt erfuhr. Mit diesem Er-
eignis läßt sich aber der Neubau des heutigen

4) »Zeitschrift für christliche Kunst« 1005, Nr. 11,
Sp. 37.r>. Herausgeher: Alex. Schnütgen. [Rahtgens,
»Eine Abbildung von Groll St. Martin in Köln.«]
 
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