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1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.
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unbedenklich geschehen, weil sie an dieser
Stelle nicht nur nicht störend, sondern vor-
teilhaft wirkt, indem sie einen passenden
Übergang von den Arkaden des Mittelschiffes
zu den fast doppelt so breiten der Vierung
vermittelt, und einen besseren Durchblick in
die Flügel des Querhauses gestattet.
Eine interessante Eigenschaft der Recht-
ecke des Mittelschiffes besteht darin, daß ihre
lichten Längen und Breiten sich zueinander
verhalten wie Maior und Minor des goldenen
Schnittes.3) Unser Architekt hat somit die
Hälfte des Einheitsquadrates weiter dazu be-
nützt, um davon die Lichtweite der
Kirche als Maior abzuleiten. Für die Dicke
der Mauern erübrigte dann nach allen Seiten
1 m Durchmesser.
Wenn nun für die Be-
stimmung der Mauer-
stärke auch in erster
Linie statische und
nicht ästhetische
Gründe in Frage
kommen, so lassen
sie sich doch ge-
gebenenfalls mitein-
ander vereinigen.
Übrigens ist die
Mauerdicke von 1 m
wiederholt überschrit-
ten, wo mächtigere
Stützen notwendig
waren, so z. B. im
Westchor und im
Querschiff. Hier be-
sonders stehen die ^^^^^^^^^^^^^^
breitesten Mauern am Abschluß der Seiten-
schiffe, wo der Gesamtschub ihrer Gewölbe
zum Stauen kommt.
In vier ganzen Einheiten von Osten nach
Westen vorschreitend und in sieben halben
Einheiten zurückkehrend, hat sich uns die
Entstehung des Mittelschiffes mit seiner
ganzen Gliederung gezeigt. Die beiden
Seitensch if fe schließen sich sehr einfach an.
Wir brauchen nur die Hälfte der Seite
des Einhei ts qu adrate s an das Haupt-
schiff anzulegen, um die Außenlinien des
Langhauses zu finden. Die Verlängerung
•) Ganz genau ohne Reit zeigt diese Verhältnisse
das zweite Joch vor dem Westchor. Das erste, dritte
und vierte weisen kleine, praktisch kaum zu vermei-
dende Differenzen von 40—20 cm in der Breite auf.
Abb. 8.
dieser Linien verläuft durch die Achsen der
Nebenapsiden, wenn wir kleine Abweichungen
auf unvermeidliche Fehler der Ausführung
setzen. Entsprechend den fünf Jochen des
Hauptschilfes, erhielten die Abseiten innen
und außen eine Zehnteilung durch Doppel-
lisenen von 0,40 m Breite und 0,20 m
Dicke.
Es erübrigt uns noch das Presbyterium.
Auf den ersten Blick schon ergibt ein Ver-
gleich mit den drei Teilen des Querhauses,
daß das Einheitsquadrat hier verlassen ist.
Versuchen wir die Außen weite des Pres-
byteriums von Westen nach Osten zu legen,
so gelangen wir mitten in die Apsis hinein.
Nehmen wir dagegen die Innenweite, so
führt ihr Quadrat bis
zum Beginn der Apsis
und ein aus der Hälfte
dieser Quadratseite
gebildeter Halbkreis
vollendet die Anlage
des Ostchores.
Die dargelegte Er-
klärung des Grund-
risses entwickelt sich
in allen Teilen ein-
fach und unge-
zwungen aus dem
Einheitsmaße. Sie har-
moniert ferner so
vortrefflich mit dem
System des gewölb-
ten Deckenwerkes im
Langhause, daß . wir
berechtigt sind, in
unserem Grundriß den ursprünglichen
einheitlichen Plan des Laacher Architekten
wiederzuerkennen. Wie Bauwerke ausfallen,
in denen zwei Pläne auf flache und ge-
wölbte Decke miteinander verschmolzen sind,
zeigen die Grundrisse unserer rheinischen
Dome von Speier und Mainz, deren Joche
im Langhause drei verschiedene Maße
aufweisen. Demgegenüber umfaßt das Laacher
Mittelschiff genau vier Einheitsqua-
drate, die in sieben gleich breite,
rechteckige Bauglieder aufgelöst sind.
Unsere Annahme wird bestätigt durch fol-
gende Erwägungen. In der oben genannten
Schrift (S. 15—16) wurde bereits dargetan, daß
die Anlage des Presbyteriums und des Quer-
hauses deutlich auf Gewölbe hinweist. Gegen
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unbedenklich geschehen, weil sie an dieser
Stelle nicht nur nicht störend, sondern vor-
teilhaft wirkt, indem sie einen passenden
Übergang von den Arkaden des Mittelschiffes
zu den fast doppelt so breiten der Vierung
vermittelt, und einen besseren Durchblick in
die Flügel des Querhauses gestattet.
Eine interessante Eigenschaft der Recht-
ecke des Mittelschiffes besteht darin, daß ihre
lichten Längen und Breiten sich zueinander
verhalten wie Maior und Minor des goldenen
Schnittes.3) Unser Architekt hat somit die
Hälfte des Einheitsquadrates weiter dazu be-
nützt, um davon die Lichtweite der
Kirche als Maior abzuleiten. Für die Dicke
der Mauern erübrigte dann nach allen Seiten
1 m Durchmesser.
Wenn nun für die Be-
stimmung der Mauer-
stärke auch in erster
Linie statische und
nicht ästhetische
Gründe in Frage
kommen, so lassen
sie sich doch ge-
gebenenfalls mitein-
ander vereinigen.
Übrigens ist die
Mauerdicke von 1 m
wiederholt überschrit-
ten, wo mächtigere
Stützen notwendig
waren, so z. B. im
Westchor und im
Querschiff. Hier be-
sonders stehen die ^^^^^^^^^^^^^^
breitesten Mauern am Abschluß der Seiten-
schiffe, wo der Gesamtschub ihrer Gewölbe
zum Stauen kommt.
In vier ganzen Einheiten von Osten nach
Westen vorschreitend und in sieben halben
Einheiten zurückkehrend, hat sich uns die
Entstehung des Mittelschiffes mit seiner
ganzen Gliederung gezeigt. Die beiden
Seitensch if fe schließen sich sehr einfach an.
Wir brauchen nur die Hälfte der Seite
des Einhei ts qu adrate s an das Haupt-
schiff anzulegen, um die Außenlinien des
Langhauses zu finden. Die Verlängerung
•) Ganz genau ohne Reit zeigt diese Verhältnisse
das zweite Joch vor dem Westchor. Das erste, dritte
und vierte weisen kleine, praktisch kaum zu vermei-
dende Differenzen von 40—20 cm in der Breite auf.
Abb. 8.
dieser Linien verläuft durch die Achsen der
Nebenapsiden, wenn wir kleine Abweichungen
auf unvermeidliche Fehler der Ausführung
setzen. Entsprechend den fünf Jochen des
Hauptschilfes, erhielten die Abseiten innen
und außen eine Zehnteilung durch Doppel-
lisenen von 0,40 m Breite und 0,20 m
Dicke.
Es erübrigt uns noch das Presbyterium.
Auf den ersten Blick schon ergibt ein Ver-
gleich mit den drei Teilen des Querhauses,
daß das Einheitsquadrat hier verlassen ist.
Versuchen wir die Außen weite des Pres-
byteriums von Westen nach Osten zu legen,
so gelangen wir mitten in die Apsis hinein.
Nehmen wir dagegen die Innenweite, so
führt ihr Quadrat bis
zum Beginn der Apsis
und ein aus der Hälfte
dieser Quadratseite
gebildeter Halbkreis
vollendet die Anlage
des Ostchores.
Die dargelegte Er-
klärung des Grund-
risses entwickelt sich
in allen Teilen ein-
fach und unge-
zwungen aus dem
Einheitsmaße. Sie har-
moniert ferner so
vortrefflich mit dem
System des gewölb-
ten Deckenwerkes im
Langhause, daß . wir
berechtigt sind, in
unserem Grundriß den ursprünglichen
einheitlichen Plan des Laacher Architekten
wiederzuerkennen. Wie Bauwerke ausfallen,
in denen zwei Pläne auf flache und ge-
wölbte Decke miteinander verschmolzen sind,
zeigen die Grundrisse unserer rheinischen
Dome von Speier und Mainz, deren Joche
im Langhause drei verschiedene Maße
aufweisen. Demgegenüber umfaßt das Laacher
Mittelschiff genau vier Einheitsqua-
drate, die in sieben gleich breite,
rechteckige Bauglieder aufgelöst sind.
Unsere Annahme wird bestätigt durch fol-
gende Erwägungen. In der oben genannten
Schrift (S. 15—16) wurde bereits dargetan, daß
die Anlage des Presbyteriums und des Quer-
hauses deutlich auf Gewölbe hinweist. Gegen